: Romberg riskiert „Tod auf Raten“
■ Die Kreuzberger Grünen ziehen Erika Romberg als Bürgermeisterkandidatin zurück und wollen sie als Baustadträtin halten. Schulz und Jordan kandidieren
Erika Romberg ging mit einem befreiten Lachen aus dem Saal. Die amtierende Baustadträtin Kreuzbergs war mit dem Ergebnis der Mitgliedervollversammlung der Grünen sichtlich zufrieden. Dabei hatten zu Beginn der viereinhalbstündigen Debatte vor allem grüne Bezirksverordnete deutliche Kritik an ihr geäußert.
Sie sei „sehr enttäuscht“, sagte Christine Wismuth in ihrem Redebeitrag, daß Erika Romberg nicht von sich aus ihre von der SPD blockierte Kandidatur für das Bürgermeisteramt aufgebe. Denn wenn die Partei sie auffordern müsse, den Weg frei zu machen, dann sehe es so aus, als hätten die Grünen kein Vertrauen mehr in sie. „Das wollte ich vermeiden“, sagte Wismuth und fügte in scharfem Ton hinzu: „Ich hatte gehofft, daß Erika soviel politischen Sachverstand hat, ihren Rückzug bis heute zu erklären.“
In der Fraktionssitzung am vergangenen Montag hatte Romberg noch signalisiert, daß sie darüber nachdenkt. Doch dann hatte sie es sich anders überlegt. „Ihr habt mich zur Spitzenkandidatin gemacht, also steht es euch zu, mich aufzufordern, meine Kandidatur zurückzuziehen“, erklärte sie am Dienstag abend vor knapp 70 Mitgliedern im Bürgersaal in der Stallschreiberstraße. „Meine Nerven sind angespannt“, sagte sie, „aber ich gehöre zur tapferen Sorte und versuche, Entscheidungen rational abzuwägen.“
So drehte sich die Debatte vor allem darum, wie sich die Grünen am besten aus der Zwickmühle Romberg befreien könnten. Die achtköpfige Unterstützergruppe für die Kandidatin, der auch der amtierende Volksbildungsstadtrat Dirk Jordan angehört, drängte darauf, um Rombergs Verbleib als Baustadträtin hart zu verhandeln. „Die SPD muß zusichern, daß sie Erika als Baustadträtin nicht verhindert“, forderte Manuel Schröter mit Nachdruck.
Im Klartext: Die SPD soll sich bei der Wahl der Baustadträtin zumindest der Stimme enthalten. Dann würden die 17 Stimmen der Grünen für eine einfache Mehrheit reichen. Bislang hatten die Sozialdemokraten jedoch erklärt, Romberg weder als Bürgermeisterin noch als Baustadträtin mitzutragen.
Während die Unterstützergruppe Rombergs noch Verhandlungsspielraum sieht, schätzten andere diesen als sehr gering ein. So befürchtete Michael Martens, der auch dem Landesvorstand angehört, eine schrittweise Demontage Rombergs, wenn die SPD sie auch als Baustadträtin ablehnt. „Ich will diesen Tod auf Raten nicht“, sagte Martens. Der BVV-Verordnete Andreas Kleinert ging soweit, Rombergs Anspruch auf das Bauressort in Frage zu stellen. „Es kann hier nicht zugehen wie im Versorgungsamt.“ Wer sich auf ein politisches Amt einlasse, habe „keinen Rückfahrschein in der Tasche“. Nachdem aus den Reihen der Grünen in den letzten Monaten bewußt kein Wort der Kritik an Romberg nach außen gedrungen war, erklärte Steinert, er habe eine „lange Liste der Kritik“. „Doch ich habe andere Kritikpunkte an ihr als die SPD“, stellte er klar.
So setzten sich schließlich diejenigen durch, die wie Franz Schulz und Raimund Helms für einen „Mittelweg“ plädierten: „Erika Romberg wird als Bürgermeisterkandidatin zurückgezogen. Die Verhandlungskommission wird beauftragt, eine Lösung mit der SPD zu erarbeiten, die den Grünen das Bürgermeisteramt sichert und der Partei ermöglicht, die Verantwortung für die Personalentscheidung im Bauressort zu behalten“, heißt es in dem Antrag, der mit 29 Stimmen angenommen wurde. Ein ähnlich formulierter Antrag, der darüber hinaus Franz Schulz aufforderte, für das Bürgermeisteramt zu kandidieren, erhielt 22 Stimmen. Als Gegenkandidat wird Dirk Jordan antreten. Die Grünen wollen ihre Kandidaten erst auf einer Mitgliederversammlung am 30. Januar nominieren. Das Bezirksamt könnte dann einen Tag später gewählt werden. Dorothee Winden
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