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■ Stromkonzerne beim Verfassungsgericht abgeblitztRichter machen frischen Wind

So einfach wie in Ministerien und Staatskanzleien ist es beim Verfassungsgericht nicht, sich durchzusetzen – zumindest für Stromkonzerne. Gestern ließen die Karlsruher Richter die bundesdeutsche Stromwirtschaft beim ersten Versuch, die aufkommende Konkurrenz der Alternativstromer zu killen, glatt abblitzen. Begründung: Nicht einmal das Minimum an juristischen Hausaufgaben sei gemacht. Die vorgelegte Begründung für die Verfassungsklage gegen die soliden Preise für umweltfreundlich erzeugten Strom sei einfach unzureichend. Eigentlich hätten die Richter in Karlsruhe auch noch deutlicher sein können. Die gewohnte Arroganz der Macht zieht in Karlsruhe nicht. Eine vernünftige Begründung für die Klage kann man auch von Monopolisten erwarten.

Während die Stromkonzerne sich bei unsinnigen und schädlichen Vorhaben auf ihre Vasallen in den Parteien zumeist verlassen können und abgehalfterte Politiker wie Bremens Bürgermeister Klaus Wedemeier (SPD) oder die Schweriner Umweltministerin Petra Ullmann (CDU) reihenweise ihre neue Heimstatt in großen Stromkonzernen finden, ist die personelle Verzahnung zwischen Stromkonzernen und Verfassungsgericht auch nach 60 Jahren Strommonopol noch nicht weit gediehen.

Schon bei den Stromverträgen für die fünf neuen Bundesländer, bei denen die Konzernchefs von RWE, PreussenElektra und Bayernwerk den einfachen elektrischen Anschluß der Ostkolonien versucht hatten, machten ihnen die Karlsruher Richter einen Strich durch die Rechnung. Die von den Strommonopolen bekämpften Stadtwerke im Osten blühen und gedeihen.

Für schwarze und grüne Alternativstromer ist die Karlsruher Entscheidung eine Erleichterung und eine Ermutigung. Sie hatten trotz aller verbaler Solidaritätsadressen aus dem Bundestag befürchtet, daß das Verfassungsgericht die Einspeisevergütung für illegal erklären könnte und die Politiker anschließend die Achseln zucken würden. Damit wäre vor allem dem deutschen Windstromboom die ökonomische Basis entzogen worden. Die Hersteller von Windkraftanlagen hatten schon begonnen, Teile ihrer Produktion ins Ausland zu verlagern.

Das wirtschaftlich elegante Modell, das die Stromkunden statt der Steuerzahler für die allmähliche ökologische Umorientierung der Stromwirtschaft aufkommen läßt, hat wichtige Rückendeckung bekommen. Ein Sieg für eine ökologischere Ökonomie. Hermann-Josef Tenhagen

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