Abkehr vom Müllofen

■ Nordrhein-Westfalen stellt sein neues Abfallkonzept vor

Düsseldorf (taz) – Beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) machte die grüne Landesumweltministerin Bärbel Höhn Punkte. Ihr gestern vorgestelltes neues Müllkonzept für Nordrhein-Westfalen zielt darauf ab, systematisch Alternativen zur Müllverbrennung zu entwickeln. Der BUND-Landesvorsitzende Michael Harengerd wertete es sogleich als einen „ersten Schritt hin zu einer ökologischen Landesabfallpolitik“.

Zunächst will Höhn mittels einer „restriktiven Bedarfsprüfung“ eine gesicherte Datenbasis erlangen. Bis Ende März soll eine Arbeitsgruppe aus Kommunen, Industrie und Umweltverbänden unter Leitung des Düsseldorfer Umweltministeriums die Daten erheben. Sicher ist: die bisherigen Planzahlen über die zu erwartenden Müllmengen liegen völlig daneben.

Schon heute sind die meisten der elf Müllverbrennungsanlagen, in denen zwei Drittel des nordrhein-westfälischen Hausmülls landen, nicht ausgelastet. Die Folge: steigende Gebühren und Mülltourismus aus ganz Deutschland. Allein eine Anlage in Düsseldorf verbrannte letztes Jahr 24.000 Tonnen Müll aus Bayern. Dennoch werden zwei weitere Müllöfen in Wesel und Aachen gebaut.

Seit die Grünen an der Regierung beteiligt sind, weht indes ein anderer Wind. Die Planungen für weitere Anlagen im Land wurden eingestellt oder ausgesetzt. Nur in Köln gehen die Uhren anders. Dort hält Regierungspräsident Franz-Josef Antwerpes hartnäckig am geplanten Neubau fest.

Als Alternative zur Müllverbrennung setzt Höhn – „wir wollen in NRW nicht zum Mülloch der Nation werden“ – auf sogenannte mechanisch-biologische Behandlungsverfahren der Restmüllmenge, also vor allem Verrotten und Pressen. Um diese Verfahren rechtlich abzusichern, will sie im Bundesrat eine Änderung der „Technischen Anleitung Siedlungsabfall“ erstreiten. Die einst mit den Stimmen der SPD-Länder verabschiedete Vorschrift schreibt eine Vorbehandlung des Hausmülls ab dem Jahr 2005 zwingend vor. Eine alternative Müllpolitik setzte also eine Änderung dieser Vorschriften voraus. Noch sträubt sich Bonn zwar, aber weil die Bundesratsmehrheit die Änderung inzwischen will, stehen die Chancen dafür so schlecht nicht. Walter Jakobs