Odysseus, Ahashverus, da Gama

■ Spurensuche im Vorfeld der „Holländer“-Premiere an der Oper

Heinrich Heine hätte es sicher mit einer beißend-ironischen Bemerkung quittiert: Lieferte er doch mit einer kleinen Episode aus den Memoiren des Herrn von Schnabelekowski dem notorischen Antisemiten Richard Wagner den Stoff für ein bis heute ungebrochen populäres Bühnenwerk. Immerhin gab Wagner diese Quelle für seinen Fliegenden Holländer später zu, doch bleibt der verdammte Seefahrer im bildungsbürgerlichen Kulturgedächtnis wohl auf ewig nur mit dem Namen des romantischen Tonsetzers verknüpft.

Und dies, obwohl die gespenstische Geschichte in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts vielfach variiert immer wieder in Almanache und Gedichtbändchen Eingang findet. Einige dieser Ausgestaltungen präsentierte Wulf Konold am Mittwoch abend in der Opera Stabile in einem kurzweiligen Begleitprogramm zur bevorstehenden Premiere an der Staatsoper.

Odysseus, Ahasverus, Vasco da Gama, sie alle präsentierte der Chefdramaturg des Hauses bei seiner „literarisch-musikalischen Spurensuche“ als Ahnherren des fluchbeladenen Kapitäns. Neben diesen entfernteren Verwandten belebten das Programm jedoch vor allem Verse und Geschichten von Wagners Zeitgenossen. Eher kurios die Adaptionen der Holländer-Story durch den schriftstellernden Hamburger Ratsherrn Hudtwalcker, blutrünstiger dagegen eine 1824 anonym erschienene Version , die Wilhelm Hauffs Gespensterschiff nachhaltig beeinflußte.

Ergänzt wurden die von Schauspielhaus-Größe Matthias Fuchs spannend vorgetragenen Textpassagen durch einige stimmungsvolle, schottische Volksliedbearbeitungen von Felix Mendelssohn und zwei Arien des Frühromantikers Heinrich Marschner. Die Ausschnitte aus dessen frühromantischen Opern Der Vampyr und Hans Heiling erhellten zwar auch das stilistische Umfeld Wagners, zeigten in ihrer biedermeierlichen Schlichtheit jedoch vor allem das revolutionär Neue der musikdramatischen Sprache des sächsischen Meisters. Jörg Königsdorf