Ein Hauch Villa Massimo in Högenhausen

■ Sinnvoll erben: Eine Malerin und eine Tänzerin wollen auf dem Geestrücken zwischen Bassum und Syke eine Künstlerinnenkolonie gründen / Ein Haus ist da, fürs „Höge“-Stipendium werden noch Geldgeber gesucht

„Natürlich ist das die falsche Zeit, um Sponsoren für ein Kulturprojekt zu finden.“ Barbara Reinhart lacht. „Aber das kann doch nicht heißen, daß ich es gar nicht erst versuche.“ Bei ihrem Versuch handelt es sich um die Verwirklichung eines Traumes. Dieser Traum kostet viel Geld. Doch das schreckt weder sie noch ihre Freundin Barbara Baum. Gemeinsam wollen die beiden Barbaras eine Künstlerinnen-Kolonie gründen, in der Frauen ihrer Kreativität freien Lauf lassen können. Und wenn alles klappt, wird „Die Höge“ ein bundesweit einmaliges Projekt.

Gedacht ist dabei nicht an dauerhaftes Zusammenwohnen, sondern an zeitlich begrenzte Arbeits- und Studienaufenthalte, für die sie Stipendien zur Verfügung stellen. Was sich anhört wie ein Stückchen Himmel auf Geesterde, soll ab 1997 Realität werden. „Bis dahin wird ein Appartement fertig sein, so daß die erste Stipendiatin einziehen kann“, sagt Barbara Reinhart zuversichtlich.

Im Moment ist zwar noch nicht klar, woher das Geld kommen wird, dafür aber, wohin es geht. Nach Högenhausen nämlich. Das kleine Dorf zwischen Syke und Bassum bietet alles, was sich eine nach Norddeutschland verschlagene Schweizerin wie Barbara Reinhart wünschen kann: Einen schönen Resthof mit ein bißchen Land und Hügelchen drumherum. Ein Jahr haben die Tänzerin und die Malerin gebraucht, um einen Hof zu finden, der ihren Anforderungen entspricht. Laut Plan sollen dort einmal zehn Künstlerinnen wohnen und arbeiten. „Wir wollen Frauen aus allen Sparten ansprechen: Bildhauerei, Malerei, Tanz, Musik, Literatur, Fotografie usw. Das heißt aber auch, daß wir die Arbeitsräume entsprechend gestalten müssen“, erklärt Barbara Reinhart. Ihr ganzer Stolz ist ein 120 qm Raum. Im Geiste sieht sie dort schon Tänzerin, Musikerin und Literatin an einem gemeinsamen Projekt basteln. Und wenn eine Frau ganz in Ruhe arbeiten will, steht das umgebaute Backhäuschen zur Verfügung.

Entstanden ist die Idee vor anderthalb Jahren in Kalifornien. Die Offenheit amerikanischer „artist colonies“ beeindruckte und inspirierte die beiden Freundinnen. Als dann noch plötzlich eine Erbschaft dazu kam, wuchsen der Idee Flügel und die Suche nach dem Hof begann. Aus Erbinnen wurden Hausbesitzerinnen, und damit bekam das Projekt eine Grundlage. „Nur mit der Idee hätten wir in keiner Behörde etwas erreicht, aber jetzt mit dem Hof sieht das ganz anders aus“, freut sich die Gründungsmutter. „Wir sind zum Beispiel im Kultusministerium in Hannover auf offene Ohren gestoßen. Was nicht heißt, daß wir große finanzielle Zusagen bekommen hätten, aber für unsere Symposien im Sommer gibt es schon mal eine Unterstützung.“

Barbara Reinhart weiß, daß man für solch ein Projekt einen langen Atem braucht, und hat deshalb ihre eigenen künstlerischen Projekte erstmal hintangestellt: „Ich muß meine Energie da ganz reingeben, sonst wird das nichts.“ Bisher hat die Grundschullehrerin in verschiedenen Bremer Kulturprojekten gearbeitet, in der freien Szene Tanz unterrichtet und mit Barbara Baum Performances durchgeführt.

Der Arbeitsplan für die nächsten Monate ist umfangreich: Hofumbau, SponsorInnen für die Stipendien finden, eine Jury für die Auswahl der Kandidatinnen zusammenstellen, zwei Symposien organisieren und ein Werbekonzept erarbeiten. Die geplanten Symposien sollen „Die Höge“ bekannt machen, denn nur, wenn sie in der Szene einen Namen hat, werden sich anerkannte Künstlerinnen bereitfinden, in der Jury mitzuarbeiten. „Preise und Stipendien sind wichtige Referenzen für Künstlerinnen, das ist eine Art Zeugnis für die Frauen, deshalb ist eine kompetente Jury wichtig“, erklärt die Schweizerin.

Wenn sie in die Zukunft denkt, läßt sie die Gedanken weit schweifen: „Wir wollen keinen Schonraum schaffen, wo sich Frauen zurückziehen und jammern, sondern einen ruhigen, aber kreativen Raum, von dem Impulse ausgehen.“ Daß das Projekt mangels Finanzkraft doch noch scheitert, daran glaubt sie keine Minute. „Ich bin doch nicht die einzige, die erbt. In meiner Generation gibt es viele, die vom Geschaffe ihrer Eltern profitieren und mit dem Geld was Sinnvolles anfangen wollen“, sagt sie mit Überzeugung. Bestärkt hat sie darin ein Artikel in der taz über einen Vermögensverwalter, der nur Klienten aus der linken Szene betreut und sich über Arbeitsmangel nicht beklagen kann. Mit dem will sie sich bald mal in Verbindung setzen.

Am 14. April wollen die Barbaras ihr Projekt und den Hof der Öffentlichkeit vorstellen. Auch interessierte SponsorInnen und MäzenInnen sind da gern gesehen.

Gudrun Kaatz