Billige Arbeit durch Ökosteuern

Bündnisgrüne und SPD präsentierten im Bundestag Ökosteuer zur Modernisierung der Wirtschaft. Die Regierung hatte nichts zu bieten  ■ Aus Bonn Karin Nink

Es sollte eine Debatte zur Ökosteuerreform werden. Die Bündnisgrünen hatten den Entwurf für ein neues Energiesteuergesetz vorgelegt, die SPD den Antrag „Arbeitsplätze schaffen, Arbeitskosten senken, die Wirtschaft ökologisch modernisieren“. Doch es wurde vor allem eine allgemeine Abrechnung mit der Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik der Bundesregierung. Denn so der Bündnisgrüne Rainder Steenblock und die SPD unisono: „Die Debatte über Energiesteuer ist nicht möglich ohne eine Wirtschaftsdebatte.“

Steenblock und der SPD-Fraktionsvorsitzend Rudolf Scharping warfen der Regierung ökologisches „Nichtstun“ vor. Als „Bremser erster Ordnung“, wenn auf EU- Ebene eine Energiesteuer eingeführt werden soll, bezeichnete Steenblock Bundesfinanzminister Theo Waigel (CSU). „Statt Schritte für eine grundlegende Reform der Einkommens- und Unternehmensbesteuerung einzuleiten und durch die Einführung einer Energiesteuer die Senkung der Sozialversicherungbeiträge zu ermöglichen“, spreche man in der Union von der Erhöhung der Mehrwertsteuer, kritisierte der bündnisgrüne Abgeordnete.

Deutlich gut erholt, mit gestutztem Bart und anscheinend von der Last des Parteivorsitzenden befreit, stichelt SPD-Fraktionschef Rudolf Scharping gegen die Regierung: Reihenweise zitierte er bedeutende Repräsentanten der Wirtschaft, wie den ehemaligen BDI-Präsidenten Tyll Necker, der Kanzler Kohl bescheinigt hatte, für wirtschaftliche Themen kein Gespür zu haben. Den derzeitigen BDI-Chef Hans-Olaf Henkel zitierte Scharping mit den Worten, über „Nichtstun, Schönfärberei und Büttenreden“ komme die Regierung nicht hinaus. Derweil sitzt Helmut Kohl in seinem Regierungssessel und lächelt wie eine der Buddha-Figuren, die auf den Touristenmärkten Asiens für ein paar Rupien feilgeboten werden.

Scharping machte klar, was die Sozialdemokraten mit ihrem Antrag erreichen wollen: Arbeitsplätze schaffen, die Kostenbelastung der Wirtschaft senken und die Wirtschaft selbst ökologisch modernisieren. Die Sozialdemokraten wollen deswegen den Einstieg in die ökologische Reform des Steuersystems: So soll zum Beispiel eine Erhöhung der Energiesteuer mit einer Entlastung der Lohnnebenkosten beziehungsweise der Lohn- und Einkommenssteuer einhergehen.

Gleichzeitig sollten ökologisch nachteilige Subventionen schrittweise abgebaut werden. Mit den dabei freiwerdenden Mitteln könnten Umweltschutzinvestitionen und Klimaschutz gefördert werden. Der Einstieg ins Solarzeitalter, der Schutz des Klimas und die Entwicklung von Umwelttechnologien seien „nun wirklich wichtiger“ als „die kümmerliche Diskussion um den Ladenschluß“, polterte Scharping – Beifall bei SPD, Grünen und PDS.

Die Regierungskoalition schien auf die Angriffe der Opposition wenig vorbereitet zu sein. Statt sich mit den Inhalten auseinanderzusetzen, listeten Wolfgang Schäuble und Günter Rexrodt die angeblichen Erfolge der Regierung auf und beschworen zum zigsten Mal das Gespenst der Arbeitslosigkeit als Preis für den ökologischen Umbau. Gleich so, als gebe es das bisher trotz alle Anstrengungen nicht widerlegte Gutachten des Instituts der Deutschen Wirtschaft für Greenpeace von 1994 nicht. Danach könnten mit einer Einführung der ökologischen Steuerreform im nationalen Alleingang bis zum Jahr 2005 rund 500.000 zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen werden.

Selbst der CDU-Ökofachmann Hans-Peter Repnik, der im November selbst ein Papier zur Ökosteuer erarbeitet hatte, von seiner Fraktion aber wegen den bevorstehenden Landtagswahlen im März zurückgepfiffen worden war, stieß in das gleich Horn: Die „Schocktherapie“ von SPD und Bündnisgrünen hätte zur Folge, daß Firmen ins Ausland abwanderten und Arbeitsplätze exportiert würden. Für die FDP-Abgeordnete Birgit Homburger ist das SPD-Konzept ein „Sammelsurium altbekannter Forderungen“, das das Image der Sozialdemokraten als „Umverteilungspartei“ bestätige. Den Bündnisgrünen warf sie eine „moderne Form des Raubrittertums und der Freiheitsberaubung“ vor. Parteifreund Otto Graf Lambsdorff sprach sogar von „Voodoo-Economics“. Mit der ihm eigenen Schlagfertigkeit konterte Joschka Fischer, dann würde er Lambsdorff gerne als „Zombie“ benutzen. Schließlich entwickele Lambsdorff sich mehr und mehr zu „einem liberalen Poltergeist der Vergangenheit“.