Die Verträge einhalten!

■ Elisabeth Motschmann (CDU) über den Umgang mit privatem Kulturgeld und mehr

taz: Sie treten offen als Herausforderin der SPD-Kultursenatorin auf. Ist das nicht ein Scheinduell? Die Grundzüge Ihrer Politik sehen doch ganz ähnlich aus: Erhalten des Bewährten, Bündelung von Ressourcen. Wo sind die Unterschiede?

Motschmann: Ich möchte Frau Kahrs lediglich kulturpolitisch herausfordern, aber nicht persönlich als Amtsinhaberin. Kritisch-konstruktive Begleitung kann der Sache nur dienen. Mir ist wichtig, daß die Institutionen, die in der Vergangenheit unterfinanziert und schlecht behandelt wurden – dazu zählen die Museen – besser unterstützt werden. Wenn wir heute über den Vertrag zwischen Stadt und Theater reden, müssen wir sicher auch über die Verträge mit den Museen reden. Beispiel Kunstverein: Auch dieser Vertrag wird seitens des Kulturressorts ja nicht voll erfüllt. Zugesichert ist, daß die gesamten Personalkosten von der Stadt getragen werden. Ebenso übrigens beim Gerhard-Marcks-Haus. Aber das ist heute nicht mehr der Fall. Das sehe ich als ein ganz großes Problem an.

Darin unterscheiden Sie sich kein Stück von der SPD. Die will die Institutionen ebenfalls erhalten, sanieren und stärken.

Ja – aber das kann ich im Augenblick so nicht erkennen. Da muß ich sie nochmal befragen, ob sie sich bemühen wollen, die geschlossenen Verträge künftig auch wirklich einzuhalten. Es kann nicht sein, daß privates Spendengeld des Kunstvereins für die Personalkosten in der Kunsthalle verwendet wird. Diese Selbstverständlichkeit, mit der man privates Geld für den Haushalt benutzt – damit muß es bis zum Ende dieser Legislaturperiode vorbei sein.

Beim Theater haben Sie einem Vertragsbruch aber zunächst mal zugestimnmt. Die neue Sparforderung haben Sie noch vor vier Wochen einträchtig mit Senatorin Kahrs vorgestellt. Jetzt schlagen Sie die gegenteilige Taktik ein.

Ich finde, daß man auch die Möglichkeit haben muß, flexibel zu bleiben und getroffene Entscheidungen zu überdenken. Frau Kahrs hatte damals vor, die Subventionen fürs Theater dramatisch zurückzufahren, und dies haben wir als CDU abwenden können. Koalitionsarbeit heißt ja immer auch: Kompromisse eingehen. Deswegen habe ich nachgegeben, auch angesichts der Tatsache, daß es möglicherweise gar keine Lohn- und Gehaltserhöhung im Theater geben wird, sondern eine Nullrunde. Aber jetzt sehen wir, welche Diskussionen dieser Kompromiß in der Stadt und weit darüber hinaus hervorgerufen hat. Und darauf muß man reagieren. Das Gegeneinander von freier Szene und etablierter Kultur kann niemand wollen.

War dieser Konflikt nicht absehbar? Man kann nicht im gleichen Atemzug der Shakespeare Company und dem Waldau-Theater deutlich mehr Geld versprechen und es dem Bremer Theater wegnehmen. Das muß den Streit doch schüren.

Dies habe ich falsch eingeschätzt. Jetzt wäre ich bereit, diesen Fehler zu korrigieren, um den Kulturfrieden wieder herzustellen. Die Reaktionen müssen uns doch nachdenklich stimmen, darauf müssen wir doch auch noch reagieren können, solange die Sache noch nicht in der Bürgerschaft entschieden ist. Wir müssen generell sehr sorgfältig und sensibel prüfen, welche Reaktionen unsere politischen Entscheidungen in der Bevölkerung hervorrufen. Ich werde in der nächsten Woche, wenn wir mit der SPD in Klausur gehen, jedenfalls darauf drängen, daß der Theatervertrag doch eingehalten wird.

Daß die CDU sich derart für Kultur interessiert, haben wir bisher gar nicht gemerkt. Für Ihren Spitzenkandidaten Ulrich Nölle ist Kultur laut Wahlprogramm vor allem wichtig „für ansiedlungswillige Unternehmen“. Aber Kultur läßt sich wohl kaum auf einen Wirtschaftsfaktor reduzieren.

Da stimme ich Ihnen voll zu. Man darf Kultur nicht nur als Wirtschaftsfaktor diskutieren. Man muß deutlich machen, daß Kultur einen Wert in sich hat, Werte erhält und Werte schafft sowie Kreativität und Phantasie fördert. Das sind Werte, die wir mit Geld gar nicht beziffern können. Fragen: tw