Krise in de Klerks Partei

■ Ein der Presse zugespieltes Papier über Neugründung und Umbenennung sorgt für Furore. Nun ist von Verrat die Rede

Johannesburg (taz) – Die Partei der ehemaligen weißen Machthaber in Südafrika steckt in einer Identitätskrise. Aufgeregt reagierte die Führung der Nationalen Partei (NP) unter dem letzten weißen Präsidenten Frederik W. de Klerk diese Woche auf den „Verrat“, der aus der Mitte der Partei begangen worden war. Der afrikaanssprachigen Zeitung Rapport, die enge Beziehungen zur NP hat, war ein geheimes Papier zugespielt worden, das Zündstoff birgt. Denn darin wird vorgeschlagen, die Partei als christdemokratische Bewegung neuzugründen und umzubenennen. Und damit nicht genug. Dem Rapport-Bericht zufolge soll bereits ein Treffen des Parteivorstandes stattgefunden haben, auf dem ein entsprechender Beschluß gefällt worden sei.

De Klerk dementierte sofort und erklärte, bei dem Papier handele es sich lediglich um einen internen Diskussionsbeitrag, der keineswegs die Mehrheit repräsentiere. „Eine Namensänderung der Nationalen Partei und eine Veränderung ihrer Organisationsform ist derzeit außerhalb jeder Erwägung“, erklärte de Klerk wütend. Wer immer das Papier Rapport zugespielt habe, begehe gezielte Sabotage an der Partei.

Die aufgeregten Reaktionen und die Empörung über den „Verrat“ zeigen vor allem eines: Die Partei hat große Schwierigkeiten, im „neuen Südafrika“ ein politisches Profil zu entwickeln. Unablässig geriert sich die Partei als die wahre demokratische Kraft in Südafrika, geläutert von den Sünden der Vergangenheit, und versucht sich sowohl nach links als auch nach rechts zu öffnen. Zugleich ist ihre Glaubwürdigkeit jedoch schwer angeschlagen, ist das burische Establishment sehr nervös wegen des bevorstehenden Prozesses gegen den ehemaligen Verteidungsminister Magnus Malan.

Außerdem muß die Partei seit den ersten demokratischen Wahlen 1994 einen ungewohnten Spagat zwischen Oppositions- und Regierungspartei üben. Denn mit nur 21 Prozent der Stimmen wurden selbst pessimistische Prognosen unterboten. Nach 46 Jahren uneingeschränkter Alleinherrschaft sahen sich die „Nats“ mehr als deutlich auf Platz zwei in der Parteienlandschaft verwiesen. Allerdings war schon in den Verhandlungen über Südafrikas Übergang zur Demokratie der Abschied von der Macht abgefedert worden. De Klerk handelte eine vorläufige Beschäftigungsgarantie für den öffentlichen Dienst und die Beteiligung an einer Mehrparteienregierung aus.

Seit den Wahlen stellt die NP einen von zwei Vizepräsidenten und fünf Minister, tritt aber im Parlament und in öffentlichen Verlautbarungen häufig als Opposition auf. Daß die Partei neu strukturiert werden muß, bestreitet auch de Klerk nicht mehr. Spätestens seit den Kommunalwahlen im vergangenen November, bei denen der ANC die Zweidrittelmehrheit erzielte, dürften auch für ihn alle Träume ausgeträumt sein, noch einmal allein in Südafrika regieren zu können. Kordula Doerfler