Die Anfänge erkennen

■ Bundestag gedenkt zum Holocaust- Tag der Opfer des Nationalsozialismus

Bonn (taz) – Die Naziverbrechen sind „ohne wirkliches Beispiel“. Das betonte Bundespräsident Roman Herzog gestern bei der Gedenkstunde für die Opfer des Nationalsozialismus im Bundestag. Eine Relativierung der Verbrechen dürfe es nicht geben. Auch wenn es keine Kollektivschuld der Deutschen gebe, so gebe es doch die kollektive Verantwortung, die Erinnerung wachzuhalten – auch und gerade für die Jüngeren: „Das Allerwichtigste ist es, den Jungen den Blick dafür zu schärfen, woran man Rassismus und Totalitarismus in den Anfängen erkennt“, sagte Herzog. „Das Wegschauen half, Gesehenes zu übersehen oder gar nicht wissen zu wollen.“ Geschichte verblasse schnell, wenn sie nicht Teil des eigenen Erlebens gewesen sei.

Um „Vorsorge zu treffen gegen das Vergessen“, so Bundestagspräsidentin Rita Süßmuth, hat der Bundespräsident mit der Zustimmung aller Fraktionen den 27. Januar – den Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz – zum Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus erklärt. Jährlich soll nun überall in der Republik den Opfern der Nazischergen gedacht werden. Herzog: „Wir wollen nicht unser Entsetzen konservieren. Wir wollen Lehren ziehen, die auch künftigen Generationen Orientierung gibt.“ Bei der aus Termingründen vorverlegten Gedenkstunde im Bundestag machte Herzog deutlich, daß jener gedacht werden soll, die Opfer der Ideologie „vom nordischen Herrenmenschen“ und der „Untermenschen“ und ihrem fehlenden Existenzrecht geworden seien. Für Kriegsopfer und Flüchtlinge hingegen gebe es den Volkstrauertag, so der Präsident. Auf die Brandkatastrophe in Lübeck oder die rechtsextrem motivierten Morde von Mölln und Solingen ging Herzog in seiner Rede nicht ein. nin