Blechkrieg im Oster- und Steintor

■ Das Viertel ist gespalten / Kneipenverbot für Verkehrsberuhiger

Alles wie gehabt im Ostertor und Steintor: Die AutofahrerInnen haben sofort reagiert, nachdem am Freitag Bausenator Bernd Schulte die Aufhebung der Sperrung dees Straßenzuges angekündigt hat; seit Samstag wird wieder fröhlich durchgefahren und munter geparkt - trotz der Verbotsschilder. Und die Polizei, offensichtlich verunsichert, guckt weg, so gut sie kann. Alles wie gehabt – aber nur fast. Denn zumindest am Samstag mittag wurde der tiefe Graben deutlich sichtbar, den die Wirrnisse um die Verkehrsberuhigung im Viertel gerissen hat. Es tobt der Blechkrieg.

Eine ganze Reihe von Öko-Initiativen, SPD-Beiräten und Grünen hatten für die Samstags-Einkaufszeit auf den Ostertorplatz und den Ziegenmarkt zur Party geladen. Im Ostertor drückten sich eher wenige um den einsamen Glühweinstand, dafür sorgte am Steintor-Standort das Heißgetränk und die unvermeidliche Sambagruppe erstens für gute Stimmung und zweitens wenigstens zeitweise für angewärmte Hände und Füße. Letzteres war angesichts der Kälte, die feucht die Hosenbeine hochkroch, auch ziemlich nötig.

Bei aller guter Stimmung – die Munterkeit verflog, als die ersten AutomobilistInnen versuchten, am Ziegenmarkt vorbeizukommen. Was zu erwarten war: DemonstrantInnen stellten sich vor die Autos, einige FahrerInnen versuchten mit heulendem Motor trotzdem weiterzukommen, hoppelten weiter, wurden am Ende doch gestoppt und zu Umkehren gezwungen. Selbst den obligatorischen Mercedes-Fahrer gab es, der die Umkehr partout nicht einsehen wollte und so lange weiterfuhr, bis schließlich ein Blockierer gegen die Autotür trat.

Wie gespalten das Viertel ist, das wurde bei Gesprächen am Rande deutlich. Da ereiferte sich eine Geschäftsfrau über die Militanz des Protestes gegen die AutofahrerInnen: „Da kann man doch nicht gegentreten, die sind doch unsere Chance.“ Und ein Kaufmann aus dem Steintor wollte sich gar nicht beruhigen, weil ein Befürworter der Verkehrsberuhigung bei einer der zahlreichen Debatten den Gedanken vom „Boykott der Viertel-Geschäfte“ in den Raum geworfen hatte – was bei den so gescholtenen schlimmste Assoziationen geweckt hatte: „Sind wir jetzt im Dritten Reich?“

Eine ganz besonders aparte Form des Gegenprotestes hatte sich am Samstag der Geschäftsführer der Gaststätte „Engel“ ausgedacht. Als auf dem Ostertorplatz die DemonstrantInnen mit den Pro-Verkehrsberuhigung-Buttons am Revers zitterten, klebte der Mann einen Zettel in die Scheibe der Eingangstür: „Eintritt bitte nicht mit SPD-Button“. J.G.