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Mit Alfred auf der Marterstrecke

■ Die „Freie Fahrt ins Wochenende“ ist für immer zu Ende: Alfred Zerban, Moderator der Hörfunksendung „WDR 2 mobil“, geht in den Ruhestand

Am Freitag nachmittag, als man gerade dabei war, den Schreibtisch für ein Wochenende voller Müßiggang freizuschaufeln, tuckerte noch eine Meldung von der WDR- Pressestelle aus dem Fax. „Programmhinweis Hörfunk“ stand obenauf. Normalerweise wäre der Wisch ja umgehend im Papierkorb gelandet, hätte da nicht der Name Alfred Zerban gestanden. Genauer gesagt: „Alfred Zerban moderiert zum letzten Mal ,WDR 2 mobil‘“, war dort zu lesen. Und prompt verdüsterten dunkle Wolken die Aussicht auf ein ungetrübtes Wochenende. Nun werden Zeitgenossen, die ihre Brötchen nicht im Sendegebiet des WDR holen, vielleicht gar nicht wissen, wer dieser Alfred Zerban ist, der sich jetzt mit 62 in den Vorruhestand absetzt. Also, Alfred Zerban ist der Mann, mit dem ich rund 26 Jahre lang samstags gefrühstückt habe.

Seine Sendung, von kurz nach 9 bis 12 auf WDR 2, hieß ursprünglich „Freie Fahrt ins Wochenend“ und wurde später, als das mit der Freiheit ökomäßig nicht mehr so riesig kam („Freie Fahrt für freie Bürger!“), in „WDR 2 mobil“ umgetauft. Ein Magazin, in dem zwischen viel Mainstream-Gedudel lodernde Fragen rund um den Straßenverkehr abgearbeitet wurden. Was einen als allenfalls Gelegenheits-Chauffeur nicht die Bohne interessierte, aber man hörte ja eh nur mit höchstens einem Ohr hin. Alfred war just the Sound. Nur so gegen 11 Uhr 35 legte man gewohnheitsmäßig Brötchen und Zeitung zur Seite, gebot dem Palaver der Mitesser Einhalt und war ganz Ohr. Denn dann kredenzte Alfred seine Rosine, den „Fahrbericht“. Eine hochkonzentrierte Hörspiel-Miniatur, deren Glanz in Worten kaum zu vermitteln ist. Da testete der Alfred mit einem Fach-Spezi namens Gernot Röthig irgendwelche neuen Blechkarossen. Der Witz dabei: Die beiden sonderten ihre Bewertungen stets während der Fahrt in sein Bordmikro ab. Das hieß: viel Gebrumm und Stimmen, die wie aus dem Jenseits waberten. Und jede Testfahrt hatte ihre Katharsis auf der ,Marterstrecke‘. Irgendeine Hubbelpiste im Niederrheinischen, auf der die beiden Männer klangen, als befänden sie sich im Folterstudio irgendeiner gnadenlosen Domina. Und das soll nun alles ohne Alfred stattfinden? Kann nicht sein! Alfred, bitte, bitte, gib mir samstags wieder die Marterstrecke. Ich brauch es! Ohne Scheiß! Reinhard Lüke

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