Sanssouci
: Nachschlag

■ 70er-Jahre-Party im Franz-Klub oder -Club, Eintritt: 5 Mark

Eigentlich wollte ich ja in den Kit-Kat-Club, weil man da sonntags keine sexuellen Klamotten anziehen mußte, berufliche Gründe führten mich jedoch in den Franz-Klub zur 70s-Party mit Live-Musik-Begleitung. Im Gegensatz zu den moderneren Orten des Nachtlebens, die seit diesem Jahr alle „Club“ heißen (Zosch-Club, Tresor-Club usw.) kommt das „Club“ des Franz- Klubs noch aus der DDR, wobei unklar ist, ob die alte Variante, vor der früher immer noch ein „Jugend-“ stand, nun mit K oder C geschrieben wird. Sei's drum. Jedenfalls kostete der Eintritt in die 70er Jahre mit der Tanzkapelle „Haste ma ne Mark“ 5 Mark, und die Eintrittskarte galt gleichzeitig als Getränkebon.

Nachdem das gemischt-zahlreiche Publikum mit den besten Hits der 70er Jahre warmgespielt worden war, kamen drei junge Männer mit großen Brillen und lustigen Schirmmützen. Die heißen „Haste ma ne Mark“, hatten im Sommer vor dem Reichstag schon für Unterhaltung gesorgt und spielten jetzt Hot Chocolate, Bee Gees, Abba, Slade, Sailor oder Sweet. Tolle billige Popsongs eigentlich, die allerdings derartig ununterbrochen im Radio laufen, daß man sie nicht mehr hören kann. „Jetzt kommt der Song einer Interpretin, die nicht so bekannt ist“, sagen die lustigen Endzwanziger da auf der Bühne und spielen dann „I will Survive“ von Gloria Gaynor. Na ja. Manche wippen pervers vor sich hin, andere stehen nur rum. Manche haben auch Bärte. Der Sänger sagt, jetzt komme wieder was „Lustiges“ oder besonders „Krasses“ oder: „Das wird jetzt immer schlimmer. Jetzt kommt nämlich ,Ring my bell‘.“ Mehr oder minder spielt die Band originalgetreu, weder ironisch noch begeistert. Warum machen die das nur? Aus aggressiv regressivem Zynismus? Warum hören sich das die Menschen an? Weil sie Musik eigentlich hassen und meine Generation aus lauter Idioten besteht!

Auch Kuttner war da und erzählte, daß er vor einem Jahr – in seiner „Stasi-Zeit“ – mal recht spät im Kit-Kat-Club gewesen sei. Das sei sehr nett gewesen. Irgendwelche Pärchen seien am Rande noch am Vögeln gewesen. Und ein dichtbehaarter, nur mit einer Zigarettenschachtel bekleideter Mann habe ihn dann zärtlich umarmt und gesagt: „Kopf hoch, Kuttner, und nimm's nicht so schwer!“ Detlef Kuhlbrodt