Ende eines Loopings: Fokker stürzt ab

■ Daimler zahlt dem holländischen Flugzeugbauer kein Geld mehr und besiegelt damit die Pleite der Traditionsfirma

Berlin (taz/dpa/rtr) – Daimler- Chef Jürgen Schrempp hat sein „love-baby“ umgebracht. Gestern stellte er abrupt die Zahlung der Alimente an den holländischen Flugzeughersteller Fokker ein. Die Gespräche mit der Regierung in Den Haag über eine weitere Teilung der Lasten seien gescheitert, hieß es zur Begründung. Knapp 2,5 Milliarden Mark Zuschuß hatten die Deutschen verlangt – Stundung alter Schulden und Entwicklungskredite für die nächsten Jahre. Das sei den SteuerzahlerInnen nicht mehr zu vermitteln, beschied der niederländische Ministerpräsident Wim Kok.

Jetzt bangen 7.900 Leute um ihre Jobs. Die niederländische Regierung hat versprochen, zu retten, was zu retten ist. Eine Zerschlagung der Betriebs steht unmittelbar bevor: Kleine, rentable Werksteile werden verkauft, der Rest wird dichtgemacht. Die Pleite des Regionalflugzeugherstellers kommt den Stuttgarter Konzern, der 39 Prozent der Anteile hält, langfristig billiger als eine Dauersubvention.

Jetzt aber bringt die Entscheidung erst einmal 2,3 Milliarden Mark Verlust. Die Auflösung von AEG, die Schrempp letzte Woche besiegelt hatte, kostet ebenfalls mehrere tausend Menschen den Arbeitsplatz und Daimler etwa 1,5 Milliarden Mark.

Schrempp gelingt es, die gigantischen Verluste noch in der Bilanz von 1995 unterzubringen – dem Jahr, in dem er erst den Chefsessel von seinem Vorgänger Edzard Reuter übernommen hat. Der nächste Jahresabschluß wird dann wie ein Senkrechtstart des neuen Daimler-Chefs wirken. Dabei hatte Schrempp vor drei Jahren in seiner Zeit als Dasa-Chef den Fokker-Kauf selbst eingefädelt und Daimler damit einen Milliardensubventionsfall eingefangen. Dollarschwäche und weltweite Überkapazitäten im Regionalflugzeugbau hatten das niederländische Traditionsunternehmen insbesondere seit 1993 abstürzen lassen.

Jetzt muß der größte deutsche Konzern erst einmal sechs Milliarden Mark Minus ausweisen. Darin enthalten sind auch die Sanierungsgelder für das Dolores-Programm der Dasa, das vor allem auf Rentabilität durch Massenentlassung setzt.

Vieles spricht dafür, daß Fokker und AEG nicht die letzten Konzerntöchter sind, denen Schrempp den Garaus macht. Zwölf Prozent Rendite auf das eingesetzte Kapital lautet die Vorgabe. Betriebe, die das nicht schaffen, müssen um ihre Zukunft bangen. Der Triebwerkshersteller MTU verfehlt dieses Ziel und muß jetzt abspecken. Auch die Unimog-Produktion in Gaggenau steht vor dem Aus. Und für Dornier sucht Schrempp einen Partner, der bereit ist, die Mehrheit zu übernehmen. aje