Österreich stolpert über Reste des Kalten Krieges

■ Geheime antikommunistische US-Waffendepots aus den 50er Jahren waren möglicherweise gar nicht geheim, sondern entstanden auf Wunsch der Regierung

Wien (taz) – Österreichs Außenminister Wolfgang Schüssel (ÖVP) will in seinem Ministerium prüfen lassen, warum er von den angeblich geheimen US-Waffenlagern auf österreichischem Boden bis zum Wochenende nichts wußte. Die 79 Geheimdepots aus den 50er Jahren, deren Existenz am Wochenende publik wurde, waren nach Angaben des ehemaligen österreichischen Widerstandskämpfers und heutigen Verlegers Fritz Molden „auf Wunsch der damaligen Regierung“ in Wien eingerichtet worden – entgegen bisher anderslautenden Meldungen. Noch am Sonntag hatte Österreichs Bundeskanzler Franz Vranitzky (SPÖ) geschimpft, die Anlage geheimer Waffenlager durch die USA entspreche „nicht dem ausgezeichneten Stand der Beziehungen unserer Länder“. Die US- Botschaft hatte am Samstag der österreichischen Regierung über die Lager Bericht erstattet.

In den zwischen 1951 und 1955 eingerichteten Lagern sind nach Informationen der Kronenzeitung neben funktionsfähigen Maschinengewehren auch Funkgeräte und sogar in größerem Umfang französische und britische Goldmünzen deponiert. Molden sagte im österreichischen Fernsehen, er sei selbst dabeigewesen, als die Depots für einen eventuellen Partisanenkampf gegen einen sowjetischen Einmarsch eingerichtet wurden. Jedes Versteck soll für die Bewaffnung von 200 Untergrundkämpfern ausgereicht haben. „Ich habe mit dem damaligen Bundeskanzler Leopold Figl (ÖVP) selbst darüber gesprochen“, sagte Molden. Nur habe die Regierung des von den Siegermächten besetzten Österreich das damals offiziell nicht wissen dürfen.

Die geheimen Waffendepots wurden eingerichtet, um „einer gewaltsamen Machtergreifung der Sowjets oder deren Handlanger jeden nur möglichen Widerstand entgegenzusetzen“, schreibt der damalige Innenminister Franz Olah in seinen Memoiren. Olah hatte im Oktober 1950 mit Hilfe von Angestellten der Wiener Verkehrsbetriebe einen kommunistischen Putschversuch niederschlagen lassen. Ein Angestellter der Stadt Wien sei später eigens dafür abgestellt gewesen, die Ausrüstung der Depots in den ehemaligen US-amerikanischen Besatzungszonen Salzburg und Oberösterreich in Schuß zu halten, schreibt Olah. Aufgrund der Ereignisse in Ungarn 1956 seien die Widerstandsnester weiter modernisiert worden. Heute will Olah allerdings keine Stellung beziehen.

Ex-Widerstandskämpfer Fritz Molden sagt dazu, daß die Informationen geheimgehalten worden seien, um 1955 den Staatsvertrag über die Unabhängigkeit Österreichs nicht zu gefährden. Deshalb seien auch in den Akten der österreichischen Regierung keine Angaben über die Waffendepots vorhanden. Daniel Asche