Senat will klotzen

■ 900 Millionen-Paket geplant: Hemelinger Tunnel, Linie 4 und Messehallen / Fraktions-Chefs geplättet

Der Hemelinger Tunnel wird doch gebaut. Und die neue Straßenbahnlinie 4 auch. Diese überraschenden Nachricht verkündeten Bürgermeister Henning Scherf und Finanzsenator Ulrich Nölle gestern gemeinsam nach der Sitzung des Senats. Der habe beschlossen, so Nölle, „Linie 4, Hemelinger Tunnel und die neuen Messehallen als Paket zu behandeln und alle drei Maßnahmen positiv zu entscheiden“. Bis zur Senatssitzung am 13. Februar soll Bausenator Schulte für die Linie 4 und den Hemelinger Tunnel den bisherigen Planungsstand überarbeiten. Und am 15. Februar soll der Koalitionsausschuß dem gesamten „Paket“ den endgültigen Segen geben.

Fast 900 Millionen Mark würden die drei Projekte nach bisheriger Planungslage insgesamt kosten. Bis zum 13. Februar soll nun noch einmal für jeden Teil der Maßnahmen über Kostensenkungen nachgedacht werden, an der positiven Grundsatzentscheidung werde dies aber nichts ändern. Nölle wörtlich: „Ich habe die Kröte Linie 4 in den Koalitionsverhandlungen schon einmal geschluckt, und jetzt habe ich es wieder getan.“ Auch im Koalitionsausschuß wolle er nun persönlich für die von der CDU so ungeliebte neue Straßenbahnlinie nach Borgfeld „werben“.

Die Fraktionsvorsitzenden von SPD und CDU, Christian Weber und Ronald-Mike Neumeyer erwischte der Senatsbeschluß völlig unvorbereitet („Nachgefragt“ auf Seite 22). Sie hatten sich noch in der vergangenen Woche dem versammelten Zorn der Hemelinger Bevölkerung ausgesetzt, als sie auf einer Beiratssitzung gemeinsam verkündeten: „Bremen kann sich den Tunnel einfach nicht leisten.“ Und jetzt waren sie noch nicht einmal vorab von dem Senatsbeschluß informiert worden. „Dafür sind Sie doch zuständig“, hatte Finanzsenator Nölle den Journalisten auf die Frage geantwortet, ob er den Fraktionsvorsitzenden seiner Partei schon unterrichtet habe.

„Ich bin nach wie vor absolut gegen den Hemelinger Tunnel“, versicherte der sichtlich genervte Weber direkt im Anschluß an die Pressekonferenz von Scherf und Nölle. Der Senat habe da einen „völlig überflüssigen Beschluß“ gefaßt. Denn erstmal müsse der Koalitionsausschuß entscheiden, und zuständig für die Bewilligung der gewaltigen Investitionen sei einzig und allein die Bürgerschaft. Weber: „Und da gilt auch weiterhin: Das Geld für den Tunnel ist nicht da. Man kann die Mark nicht zweimal ausgeben.“

Davon geht allerdings auch Finanzsenator Nölle nicht aus. Das Geld für Hemelinger Tunnel, Linie 4 und Messehallen müsse als Kredit aufgenommen werden, erklärte er. Mit den nächsten Schritten für den Bau aller drei Projekte könne nach dem Senatsbeschluß aber sofort begonnen werden. Das gelte insbesondere für den Bau der auf 125 Millionen Mark kalkulierten neuen Messehallen.

Bausenator Bernt Schulte (CDU) hatte bei der Senatssitzung auch schon eine beschlußreife Vorlage für die Trassenführung der Linie 4 in der Tasche. Um seiner Partei etwas Zeit zu ihrer politischen Kehrtwende zu geben, ließ er die gestern allerdings noch stecken.

Die grüne Opposition reagierte gestern mit Hohn auf den Paket-Beschluß des Senats. „Der Senat hat heute Ausgaben in Höhe von rund 1,2 Milliarden Mark beschlossen. Leider hat er nicht mitgeteilt, wo der dafür nötige Goldesel wartet“, erklärte ihr Fraktionssprecher Dieter Mützelburg. Und als Sprecher der Finanzdeputation ergänzte er: „Das Parlament hat die Haushaltshoheit. Offensichtlich ist der Senat der Meinung, daß die Bürgerschaft im Juni brav abnickt, wenn die Landesregierung im Januar entscheidet.“ Den Bedenken der Fraktionsvorsitzenden von SPD und CDU scheine die Regierung keine große Bedeutung beizumessen. Mützelburg: „Die Senatsbeschlüsse sind offenkundig finanzpolitisch unseriös.“ Ase