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Der deutsche Mann, der nicht kann

■ Auswärtiges Amt entläßt Botschafter in Haiti, der gegenüber Bundestagsabgeordneten abfällige Äußerungen zur Sexualität in seinem Gastland machte und Aristide mit Goebbels verglich

Bonn (dpa/AFP/AP) – Erstmals ist ein hoher Bonner Diplomat wegen sexistischer und rassistischer Äußerungen von seinem Auslandsposten abgelöst worden. Bundesaußenminister Klaus Kinkel entband den Botschafter in Haiti, Günther Dahlhoff (59), mit sofortiger Wirkung von seiner Aufgabe. Dahlhoff hatte beim Besuch einer Bundestagsdelegation im November in dem Karibikstaat nach Angaben von Abgeordneten in einem Hintergrundgespräch unter anderem gesagt, das angebliche Überbevölkerungsproblem Haitis liege darin begründet, daß „die haitianische Frau immer will und der haitianische Mann immer kann“. Außerdem soll er sich abfällig über die Regierungserklärung von Ministerpräsidentin Claudette Werleigh geäußert und angeblich den Redestil von Präsident Jean-Bertrand Aristide mit dem des NS-Propagandaministers Joseph Goebbels verglichen haben. Dahlhoff wurde nach Bonn bestellt und am Montag zu den Vorwürfen gehört. Danach, so das Außenministerium, entschied Kinkel, Dahlhoff „mit sofortiger Wirkung von seiner Aufgabe zu entbinden“. Über seine weitere Verwendung ist noch nicht entschieden.

Dahlhoff, Vater von vier Kindern und seit 1963 im Auswärtigen Dienst, hatte Auslandsverwendungen in Kabul, Helsinki, Genf, Washington und Wien. Vor Haiti war er seit April 1992 Botschafter in Georgien. Zu der Bundestagsdelegation, die bei seinen Ausführungen „betreten“ geschwiegen haben soll, gehörten die CDU-Abgeordneten Armin Laschet und Andreas Krautscheid, die SPD- Abgeordnete Gabriele Fograscher und der PDS-Abgeordnete Winfried Wolf.

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Port-au-Prince (ips) – Immer mehr haitianische Flüchtlinge werden seit der Beendigung der Militärdiktatur im Oktober 1994 aus den Nachbarstaaten ausgewiesen. Nach offiziellen haitianischen Statistiken kamen 1995 etwa 14.000 Haitianer aus ihren Gastländern zurück, davon über die Hälfte aus Karibikländern. Spitzenreiter seien die Bahamas, die 5.000 Haitianer auswiesen. Haitis Regierung erhob heftigen Protest gegen die Ausweisungen. Die mit Haiti nicht koordinierten Repatriierungen führen zuweilen zu schweren Unfällen.

Bei einem Flugzeugabsturz Anfang Dezember starben 16 aus Französisch-Guyana repatriierte Flüchtlinge, darunter drei dort geborene Babies. Wenige Tage später starben fünf Haitianer in der Dominikanischen Republik, als der Bus, in dem sie repatriiert werden sollten, verunglückte.

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