Entwicklungsprojekt stützt Militär

■ Studie: Deutsche Entwicklungshilfe auf den Philippinen dient der Aufstandsbekämpfung statt der Armen-Selbsthilfe

Berlin (taz) – Eines der größten deutschen Entwicklungsprojekte in den Philippinen hilft der Aufstandsbekämpfung des dortigen Militärs. „Entwicklungshelfer“ betreiben außerdem militärische Aufklärung über die NPA-Guerilla und beraten sich regelmäßig mit den Generälen. Zu diesem Ergebnis kommt der Kölner Journalist Karl Rössel in einem Buch, das gestern in Bonn vorgestellt wurde.

Rössel, der als erster 1988 den vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) verliehenen Journalistenpreis Entwicklungspolitik erhielt, fordert wie philippinische Organisationen, das „Bondoc Development Program“ einzustellen.

Auf der 200 Kilometer südlich der Hauptstadt Manila gelegenen Bondoc-Halbinsel führt die bundeseigene Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (GTZ) seit 1990 ein „integriertes ländliches Entwicklungsprojekt“ durch. Proteste in den Philippinen und Deutschland hatten verhindert, daß der Bau einer Straße Bestandteil des Projektes wurde. Sie hätte dem Militär ermöglicht, die Halbinsel zu kontrollieren. In der von Großgrundbesitz geprägten Armutsregion operiert die kommunistische NPA.

Offiziell dient das auf 15 Jahre angelegte 20-Millionen-Mark-Projekt der Selbsthilfe und Armutsbekämpfung. Die Demilitarisierung der Bondoc-Region, die Einhaltung der Menschenrechte, die Umsetzung der Landreform und die Beteiligung der Zivilbevölkerung waren von der Bundesregierung und einem Bundestagsausschuß als Bedingungen genannt worden. Laut Rössel ist keine davon erfüllt worden.

Dafür entspreche das Projekt den zwei letzten Phasen der Strategie der philippinischen Aufstandsbekämpfung. Nach der militärischen „Säuberung“ des Gebiets folge die „Sicherung“ durch Bürgerwehren und danach die „Konsolidierung“ und „Entwicklung“ durch Einbindung der Bevölkerung und Programme, um Sympathien zurückzugewinnen.

Die Sicherheitslage in seiner Provinz habe sich aufgrund des Bondoc-Projektes „insgesamt sehr verbessert“, so der inzwischen beurlaubte Provinzgouverneur und ehemalige Vorsitzende des Projektbeirats, Eduardo Rodriguez, zu Rössel. Rodriguez: „Die Hilfen zum Lebensunterhalt haben zugenommen, damit wurden viele ehemalige NPA-Kämpfer absorbiert.“

Von Rössel zur Beteiligung an der Aufstandsbekämpfung befragt, gaben sich die Verantwortlichen bei BMZ und GTZ ahnungslos. Dabei hatte der für die Halbinsel zuständige General Frederico Ruiz in einem am 9. Oktober 1990 veröffentlichten taz-Interview die Strategie erläutert. Dazu der für die Philippinen zuständige BMZ-Regierungsdirektor Bernhard Kühn: „Wenn sich unsere Intentionen zur Verbesserung der Lage der Bevölkerung mit der „Entwicklungsphase“ der Militärstrategie treffen, dann finde ich das in keiner Weise beängstigend.“

Gegenüber der taz sagte der GTZ-Philippinenbeauftragte Walter Schöll: „Die Militärplanung war nicht Ausgangspunkt des Projektes.“ Doch vielleicht war es umgekehrt: Rössel brachte Fragebögen aus dem Projekt mit, in denen in Dutzenden von Dörfern detailliert Auskünfte über die Guerilla erfragt wurden. Sven Hansen