Blues ohne Spinnenweben

■ G. Love & Special Sauce versehen die Blues-Tradition mit anständigem, neuem Lack

Gelegentlich kommen junge Hupfer mit sechssaitigen Staubwedeln oder Holzblasgeräten und entfernen die Spinnweben von alter Musik. Im Jazz wartet man schon ewig darauf, daß mal wieder etwas passieren möge wie die Lounge Lizards oder Rip, Rig & Panic, im Rock'n'Roll ist seit dem ersten Stray Cats-Album eigentlich auch nichts Weltbewegendes in dieser Richtung geschehen, aber im Blues gibt es seit G. Love & Special Sauce einen frechen Däumling, der die Tradition mit neuem Lack versieht, ohne sie ihrer Eigentümlichkeit zu berauben.

Mit dem Sound einer Küchenaufnahme, nackter Stimme und einer Gitarre, die schmunzelnd zu bedenken gibt, daß die Vergreisung des Blues nicht durch Perfektion, sondern nur durch Originalität gestoppt werden kann, zieht G. Love aus, um die Angst vor den großen Helden zu lernen. Er selbst nennt das Ragmop. Warum nicht?

Schon ihr selbstbetiteltes Debüt aus dem Jahr 1994 gab Anlaß zu euphorischen Bemerkungen, die nicht einfach im Hochwasser der Superlativen verschwinden sollten. Coast To Coast Motel geht jetzt weg von der ersten Bruderschaft mit HipHop-Bands wie Dc Basehead, die das rohe Bluesfundament für ihre Rede wiederentdeckten, und widmet sich mehr dem richtigen Gesumpfe. Robert Johnson steht hier ebenso Pate wie der Geist einer Straßenmusik-Jugendlichkeit, mit dem einst auch die Violent Femmes angetreten sind.

Das Trio – effektfreies Schlagzeug, Akustikbaß, Gitarren und Harmonika – unterscheidet diese gleichzeitige Nähe zu den Originalen wie die Abstandswahrung zu jeder Form des Copykill vor der bösen Vokabel „Revival“. Außerdem ist die Stimme von G. Love, rauh, frech und nur halbmelodiös, der goldene Hacken, an dem sich ein neuer Königsmantel befestigen läßt. Ein Mantel, in den sich der „Mystery Man“ ebenso passen läßt wie der „Garbage Man“. Die Welt des Blues ist noch weit. .

Till Briegleb

Mo, 29.Januar, 21 Uhr, Markthalle