Kein Geld für unkommerzielle Konsum-Kids?

■ Dem Nachwuchs-MusikerInnen-Forum „Newtips“ droht das Aus. Morgen Stunde der Wahrheit. wenn der Jugendhilfeausschuß die finanzielle Hilfe verweigert

Die Bühne des Naturfreundejugendhauses in der Buchtstraße hat Tradition. Selbst „Die Toten Hosen“ bespielten schon die Lokalität, die bei über 250 BesucherInnen aus allen Nähten platzen würde. Seit Februar 1989 soll dort allerdings unter dem Projektnamen „New Tips“ vor allem Nachwuchs aus Bremen und umzu gefördert werden. Auf eine gewisse Qualität wird beim Duchhören und Begutachten der Demotapes geachtet, aber bei so mancher SchülerInnenband wird schonmal ein Auge zugedrückt, da es zunächst aufs Schaffen von Auftrittsmöglichkeiten und Öffentlichkeit und erste Live-Erfahrungen ankommt.

Das fand bislang auch der Bremer Senat förderungswürdig und unterstützte das Projekt mit 10.000 Mark. Das jedoch könnte sich am Freitag ändern. Dann nämlich tagt der Jugendhilfeausschuß, und der hat angesichts der allgemeinen Sozialkürzungen selten Gutes zu beschließen. Offiziell entschieden ist zwar noch nichts, aber Kontakte des „Newtips“-Teams zu Erwin Janßen, seines Zeichens Behördenvertreter beim Senator für Jugend, signalisieren, daß die Fördersumme für die Konzertreihe komplett wegfallen wird.

„Das wäre das Aus“, meint die Planungsgruppe.

Und dabei schien nach einer gewissen Durststrecke gerade alles wieder so gut zu laufen: Saal und Café werden renoviert, die Soundanlage wird gestellt und bedient von einem echten Fachmann, die Lichtanlage sollte verbessert werden, und die Akustik des Saales ist legendär gut; schon etliche hörenswerte Aufnahmen direkt von der Live-Bühne wurden dort gemacht. Diese Professionalität hat ebenso ihren Preis wie das Beheizen und die Reinigung des Etablissements, und Porto- wie Telefonkosten fallen beim Organisieren der Veranstaltungen ebenfalls nicht zu knapp an. Mit den Konzerten allein läßt sich das nicht bezahlen. Die Eintrittseinnahmen bekommen die Bands als ohnehin magere Gage, das „Newtips“ selbst finanziert sich über den Getränkeverkauf.

Ein Hauptanliegen ist nun, das Team der OrganisatorInnen zu verjüngen. Ursprünglich sollte das „Newtips“ nämlich von Jugendlichen für Jugendliche organisiert werden, aber die altgedienten derzeitigen Verantwortlichen mögen sich selbst kaum noch ohne Ironie als Jugendliche bezeichnen. Man will verstärkt an die Schulen gehen, um Bands dafür zu begeistern, das Naturfreundejugendhaus mit Demotapes zu bombardieren. So spaltet sich das Programm auch in zwei Sparten, von denen sich die namens „Konsum Kids Conzertz“ mit Hardcore, Punk und HipHop an eine jüngere Zielgruppe richtet. Wer es hingegen eher gediegen mag, wird mit der „Blue Roots“-Reihe bedient, in der Jazz, Blues, Rock und Fusion geboten wird. Außerdem sollen mehr Filme gezeigt und Themen wie Sexismus oder die Daseinsberechtigung von deutschem HipHop diskutiert werden.

Derzeit kann man sich noch drei Konzerte pro Monat leisten. In Gründertagen allerdings waren es sechs, und falls nun der Zuschuß vom Senat gestrichen wird, werden mit Biegen und Brechen gerade mal ein bis zwei Konzerte pro Monat drin sein, bei weniger Professionalität als bisher.

Ein neuer Lokalpatriotismus ist bei den „Newtips“-Leuten zweckgebunden. Zwar ist man stolz darauf, viele überregionale und einige internationale Bands in die Buchtstraße gelockt zu haben, aber den deutlich größeren Zuspruch finden Bremer Bands. Die veranstalten dort häufig ihre CD-Release-Parties, was jedesmal für ein volles Haus sorgt. So kommen auch die beiden Bands, die heute abend (21.00 Uhr) im „Newtips“ auftreten, aus Bremen: Das Saxophonquartett „Four and More“ covert Bach und Tschaikowski mit der selben Inbrunst wie Stevie Wonder und Miles Davis, während sich der Elektro-Jazz vom „Groove Kombinat“ größtenteils aus Eigenkompositionen rekrutiert. A.N.