...und nun zur Kür auf dem Sax

■ Bei den MIB-Improvisationen begeisterten: Heutmekers und Mews, ein Duo aus Saxophon und Schlagwerk

Seit fünf Jahren improvisieren der Saxophonist Georg Heutmekers (Berlin/Aurich) und der Schlagwerker Kalle Mews (Essen) unter dem Projektnamen „Road Work Ahead!“ zusammen. In dieser Zeit haben sie einen Spielansatz entwickelt, der sich durch die sensible Suche nach melodischen und rhythmischen Formen auszeichnet, darauf zielt, ein bewegliches Geflecht sich entwickelnder und wieder auflösender Strukturen zu schaffen. Heutmekers blies dynamische, langsam anschwellende und sich teilweise in expressive Ausbrüche steigernde Tonfolgen. Energische Schübe, überblasen und fast schreiend, wechselten sich mit dem ruhigen Aufbau melodischer Fragmente ab. Sein emotionales Spiel erinnert eher an die Tradition eines Ayler oder des frühen Archie Shepp, als an das durchgehende Powerplay oder das geräuschhafte, tastende Suchen europäischer Freejazz-Provenienz. Dazu lieferte Kalle Mews am Schlagzeug pulsierende Rhythmen, mal luftig und feingesponnen, mal scharf akzentuiert. Mews trommelte äußerst vielschichtig und dennoch transparent, beschränkte sich nicht darauf, rhythmische Grundlagen zu schaffen, sondern umspielte die Saxophonlinien, lockte sie in neue Richtungen, um sie plötzlich allein zu lassen und woanders anzusetzen. Seine Aktivitäten am Drumset und einem Haufen wahllos darum gruppierten Perkussionsinstrumenten reicherte der auch als Schauspieler aktive Schlagzeuger durch witzige Grimassen und Gesten an. Beispielsweise baute er das Knatschen seines Hockers als Geräusch ein.

Auch der zweite Set, in dem der Bremer Flötist und Klarinettist Nils Gerold und der Bremerhavener Bassist Michael Drews das Gäste-Duo zum Quartett erweiterten, geriet überraschend homogen. Die vier Musiker fanden schnell eine gemeinsame Sprache. So gab es eine wunderschöne Passage, in der Heutmekers am Sopransax und Gerold an der Klarinette einander umspielende Linien bliesen, die sich wellenförmig steigerten, manchmal unruhig asynchron, dann wieder in parallelem Rhythmus, während Drews seinen Bass im Hintergrund wie entfernte Brandung grummeln ließ von Mews mit perkussiven Akzenten angereichert. Gerold ließ an der Klarinette gedehnt überblasene Tonfolgen hören, zum Teil in Sprüngen aus den tiefen Lagen in den Diskant. Drews singende Baßlinien trugen wesentlich zur warmen Ausstrahlung und bei aller Expressivität gelassenen Grundstimmung des Sets bei. Das Quartett lieferte einen schönen Eindruck davon, daß freie Improvisation sich keineswegs melodischen und harmonischen Strukturen verschließen muß, um spannend zu sein.

Arnaud