PDS bald auf Präsidentensessel

■ Der Wahl der PDS-Abgeordneten Gesine Lötsch als Vizepräsidentin des Abgeordnetenhauses steht offenbar nichts mehr im Wege. Die Wahl selbst wird aber von heute auf die nächste Sitzung verschoben

Dreimal fiel Gesine Lötsch während der konstituierenden Sitzung des Abgeordnetenhauses mit ihrer Kandidatur um den Posten der Vizepräsidentin des Parlaments durch. Im dritten Wahlgang fehlten ihr nur zwei Stimmen. Jetzt sieht alles danach aus, als stünde der Wahl der 34jährigen PDS-Politikerin, die in der letzten Legislaturperiode Fraktionsvorsitzende ihrer Partei war, nichts mehr im Wege.

SPD und die Grünen haben anerkannt, daß der PDS dieser Posten zusteht, und selbst in der CDU hat sich diese Erkenntnis inzwischen weitgehend durchgesetzt. Er könne sich vorstellen, so Fraktionssprecher Markus Kauffmann, daß sich zumindest Teile der CDU-Fraktion bei der Abstimmung enthalten werden.

In der heutigen Sitzung allerdings wird die Kür der PDS-Politikerin nicht stattfinden. Auf Bitte des Landesverfassungsgerichtes wurde der Punkt auf die nächste Sitzung am 29. Februar verschoben. Das Gericht sah sich nicht in der Lage, bis Donnerstag über eine Klage der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen zu befinden. Die Grünen wollen erreichen, daß konkurrierende Kandidaturen bei der Wahl des Parlamentspräsidenten und der Vizepräsidenten möglich sind. Nach Auffassung der Bündnisgrünen sollte jeder Partei ein Platz an der Spitze des Abgeordnetenhauses zustehen. Die Bündnisgrünen wollen mit der Klage allerdings nicht der PDS ihren Platz streitig machen. Sie haben vielmehr den Vizepräsidentensessel des CDU-Abgeordneten Reinhard Führer im Auge. Denn mit Herwig Haase ist bereits ein CDU- Politiker Präsident des Abgeordnetenhauses.

In der konstituierenden Sitzung des Abgeordnetenhauses am 30. November war Gesine Lötsch nicht nur bei der CDU, sondern bei einzelnen Abgeordneten von SPD und Bündnisgrünen auf Ablehnung gestoßen. Inzwischen hat der Vorsitzende der SPD-Fraktion, Klaus Böger, noch einmal verdeutlicht, daß die SPD ihre Kandidatur unterstützen werde. Böger hatte bereits unmittelbar nach Lötschs Scheitern im November von einer „Blamage“ des Parlamentes gesprochen.

Nach einem Besuch von Gesine Lötsch in der Fraktion der Bündnisgrünen haben sich in der vergangenen Woche in einer Probeabstimmung 17 grüne Abgeordnete für die Wahl von Gesine Lötsch ausgesprochen, sechs dagegen. Kritiker innerhalb der Bündnisgrünen, wie Michael Cramer, werfen Gesine Lötsch unter anderem vor, sie sei in der letzten Legislaturperiode als Mitglied des Ehrenrates nicht dessen Empfehlung gefolgt, die Stasi-belasteten Mitglieder der PDS-Fraktion zur Niederlegung ihres Mandates aufzufordern. Die Kritik wird von der Betroffenen allerdings zurückgewiesen. Sie habe sich immer für eine differenzierte Auseinandersetzung mit der MfS-Problematik ausgesprochen. Auch die CDU- Fraktion hat Gesine Lötsch eingeladen, sich vor der Abstimmung in der Fraktion vorzustellen.

Die 34jährige Sprachwissenschaftlerin, die in Lichtenberg ein Direktmandat für die PDS holte, gehörte als SED-Mitglied bereits vor der Wende der Lichtenberger Bezirksverordnetenversammlung an und stieg 1990 über die Ostberliner Stadtverordnetenversammlung in die Landespolitik ein. Christoph Seils