Droht der Länderfusion eine juristische Schlappe

■ Brandenburger Verfassungsgericht erörtert heute PDS-Klage gegen Fusion

In Potsdam tritt heute das Brandenburger Verfassungsgericht zusammen, um im mündlichen Verfahren die verfassungsrechtlichen Einwände der PDS-Landtagsfraktion gegen den Fusionsvertrag zu erörtern. Der CDU-Politiker und letzte DDR-Innenminister Peter- Michael Distel, der für die PDS die Klageschrift ausgearbeitet hat, gab sich bereits siegesgewiß: „Eine Volksabstimmung wird es am 5. Mai nicht geben.“

Über 50 Verstöße gegen die Brandenburger Verfassung hat die PDS in ihrer Klage aufgelistet. Nach ihrer Auffassung schreibt das Regelwerk zum Beispiel zwingend vor, daß die neue Verfassung eines gemeinsamen Bundeslandes nur durch eine verfassunggebende Versammlung erarbeitet werden könne.

Der Fusionsstaatsvertrag zwischen Berlin und Brandenburg sehe hierfür lediglich einen Ausschuß beider Parlamente vor. Für eine „zeitlich nicht bestimmbare Übergangsphase“, so die Argumentation der PDS, werde in dem gemeinsamen Bundesland lediglich eine „Notverfassung“ gelten. Die Wahrnehmung von Grundrechten sei so „erheblich beeinträchtigt“.

Zu guter Letzt verweist die PDS darauf, daß die Verfassung nur durch ein Gesetz geändert werden könne, das auch den Wortlaut der Verfassung ausdrücklich ändert. Der Staatsvertrag setzte sich darüber hinweg.

Der Präsident des Landesverfassungsgerichtes, Peter Macke, hat in einem Schreiben an beide Prozeßparteien weitere verfassungsrechtliche Fragen aufgeworfen und so die Sorge der Fusionsbefürworter genährt, die Fusion könne frühzeitig an verfassungsrechtlichen Bedenken scheitern. Macke erwägt in dem Schreiben, ob das Landesverfassungsgericht nicht gehalten sei, das Verfahren auszusetzen und „die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen“. Unabhängig davon, wie das Bundesverfassungsgericht dann entscheiden würde, wäre der Zeitplan für die Länderfusion in diesem Fall nicht mehr einzuhalten, die Volksabstimmung müßte verschoben werden.

Die Potsdamer Staatskanzlei weißt dagegen alle rechtlichen Einwände der PDS zurück. Dennoch hat sie für den Fall, daß sich die Verfassungsrichter der Argumentation der PDS anschließen, über einen Ausweg nachgedacht, der die Fusion retten könnte. Der Fusionsvertrag müßte nachgebessert und dann erneut in beiden Landtagen verabschiedet werden. Auch wenn die für Verfassungsänderungen notwendige Zweidrittelmehrheit in beiden Parlamenten als sicher gilt, scheint dieses Verfahren bis zum 5. Mai dann kaum noch durchführbar.

Die Brandenburger Verfassungsrichter wollen so schnell wie möglich über die Klage der PDS entscheiden, dennoch wird mit einer Entscheidung frühestens in vier Wochen gerechnet. Christoph Seils