■ Schweinefleisch im Zwielicht: Sieg der Schinkenschützer
Augsburg (taz) – Fünf Jahre lang wurde gestritten, jetzt gibt es erneut ein Urteil im sogenannten Schwarzwälder-Schinken-Streit. Die 6. Kammer des Landgerichts Augsburg verurteilte unter Vorsitz von Richter Werner Bongratz die Geschäftsführerin der „Schwarzwald Gourmet GmbH“ zu 100 Tagessätzen à 100 Mark. Die Angeklagte wurde des „gewerbsmäßigen In-Verkehr-Bringens von Lebensmitteln unter irreführender Bezeichnung“ für schuldig befunden.
Verhandelt wurden 160 Tonnen angeblichen Schwarzwälder Schinkens. Dieser war freilich nicht im Schwarzwald, sondern in Augsburg in einer Wurstfabrik des Vaters der Angeklagten hergestellt worden; das heißt, Schweinefleisch aus unterschiedlichen Regionen wurde in Augsburg mit Kochsalz, Salpeter und Gewürzen gepökelt und abgelagert. Dann wurde der „Rohschinken“ in den Schwarzwald gekarrt und dort mit „original“ Schwarzwälder Tannenholz geräuchert. Anschließend schaffte man den Schinken wieder nach Augsburg, wo er verpackt wurde. Gegen diese „Irreführung des Verbrauchers“ zog der Schutzverband Schwarzwälder Schinkenhersteller vor Gericht.
Vor dem Landgericht mußten nun erneut drei Lebensmittelexperten der Frage nachgehen, wann ein „Original Schwarzwälder Schinken“ auch tatsächlich ein solcher ist. Fazit der Verhandlung: „Original Schwarzwälder Schinken“ muß auch tatsächlich im Schwarzwald hergestellt werden. Einziges Zugeständnis: Das Fleisch muß nicht unbedingt aus dieser Region stammen. Der ursprüngliche Hauptangeklagte, der Vater der Verurteilten, steht wegen gesundheitlich bedingter Verhandlungsunfähigkeit inzwischen nicht mehr vor Gericht. Die Tochter wollte vor den Richtern keine Erklärung abgeben und überließ ihr Statement ihrem Rechtsvertreter. Der vertrat die Auffassung, das Räuchern sei bereits schwarzwäldlerisch genug. In Augsburg geht man davon aus, daß dieser Streit noch nicht beendet ist und erneut in die nächste Runde – und das wäre die Revision beim Bayerischen Obersten Landesgericht – geht, wo der Fall schon einmal anhängig war. Klaus Wittmann
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