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Miniatur-Heimat

■ Mara Assid vermittelt in ihrem Indio-Museum die Kultur der Ureinwohner von Surinam

Großzügige Ein-Familienhäuser, gepflegte Vorgärten, ein paar Frauen kommen gerade vom Einkaufen und klönen noch ein bißchen auf der Straße. Hierher, in diese ruhige Wohngegend in Wandsbek, wollte Marana Assid ihre Heimat mitnehmen. „Ich finde, das ist mir auch gelungen,“ sagt sie stolz.

In ihrem Haus gibt es Musikinstrumente, Kleider, Masken, Pfeile, Küchengeräte und überhaupt fast alles, was die Karibe-Indianerin herzustellen und zu nutzen gelernt hat. Aus Original-Materialien wie Schlangenhäuten, Wildschweinfellen, Lehm und Tropenholz haben Marana Assid, ihr Bruder und ihr Mann die meisten Exponate des Museums selbst gefertigt.

Beim Rundgang durch die vier Räume wird man den Gedanken nicht los, daß die Trennung zwischen Kunst und Handwerk wohl selten so wenig Sinn macht wie hier. So liebevoll ist die Gestaltung der Objekte, die rundum mit Perlen, Zeichnungen oder mit Schnitzereien verziert sind. Nur auf Gold wird hier ganz verzichtet, denn „das bringt Unglück“.

In mehreren Schaukästen hat die zierliche Indianerin mit den langen schwarzen Haaren ihre Heimat im Miniaturformat nachgebaut: Urwald, Flüsse, Hütten, Jäger und Kinder – und immer wieder der „große Baum“, nach dem das Museum „Mana Kumaka“ benannt ist, das „Land des großen Baumes“. „Der Baum ist für uns eine Art Schutzpatron“, sagt Assid. Sie versteht überhaupt nicht, warum ihre Religion heidnisch genannt wird. „Wir glauben doch alle an etwas. Sehen Sie, unser Gott hier, der wohnt in der Sonne, er ist das Licht. Und nach dem Tod kommen die Menschen bei uns in den Himmel, genauso wie bei Ihnen.“

Die Karibe-Frau lebte in Surinam, war eine gute Jägerin und tanzte sehr gern, als ein deutscher Unternehmer sie nach Europa einlud. Hier trat Assid, die es „eine deutsche Krankheit“ nennt, über das Alter der Menschen zu reden, zunächst mit einer Tanzgruppe auf. Später bekamen sie, ihr Mann und ihr Bruder das Haus gestellt, in dem sie bis heute wohnt und wo nun seit 15 Jahren ihr Indio-Museum beherbergt ist. Hauptsächlich kommen Schulklassen hierher, aber auch alle anderen Besuchergruppen sind willkommen, und in der Kellerbar kann man sogar Geburtstage feiern. Die Museumsleiterin ist natürlich keine Ethnologin, wissenschaftliche Einführungen kann man von Marana Assid nicht erwarten. Sie erzählt einfach vom Alltag im Urwald, von Dingen, die für uns so fremd und für sie ganz selbstverständlich sind, und sie tanzt noch immer sehr gern für ihre Gäste.

Nele-Marie Brüdgam

Mana Kumaka Indio Museum, Kramerkoppel 24, Besichtigung nur nach Absprache,

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