Eine schöne Geschichte -betr.: "David meets Goliath", taz vom 20./21.1.96

Betr.: „David meets Goliath“ v. 20./21.1.

Liebe Kollegen,

Flann O'Brien, in den vierziger Jahren Kolumnist der ,Irish Times', hat sich zu dem, was er publizierte, manchmal auch die Leserbriefe geschrieben und an die eigene Adresse geschickt. Quod licet Iovi, non licet bovi – deswegen kriegt Rosi Roland jetzt einen von mir.

Was, um beim dramatischsten der Ereignisse im Hause Goliath alias Radio Bremen anzufangen, im Dienstzimmer von Programmdirektor Hermann Vinke vorgefallen sein soll, wissen wirklich nur zwei. Einer davon, ich, wurde von ihm jedenfalls nicht „nach allen Regeln der Kunst zusammengeschissen.“ Im geregelten Anstaltsleben gibts für Gespräche in Diensträumen nun mal keinen Kunstvorbehalt.

Esther Busch, die Chefin des real existierenden Teilzeit-Privatsenders Radio 107.1, habe ich auch nicht im „Journal am Morgen“ von Radio Bremen 2 interviewt. Sie war allerdings – fast ins Schwarze getroffen – auf meine Einladung in einer von Catarina Felixmüller moderierten Sendung unser Studiogast. Am 11.1. übrigens; auch das hätte Rosi Roland durch Nachfrage bei mir herausfinden können. Das ist, einerseits, nicht passiert. Andererseits war ich zu der Zeit, als nicht recherchiert wurde, auch nicht in Bremen, sondern wegen einer Tagung in Bonn.

Nach der Eröffnungsparty an Bord der ,Oceana' am 12.1. hat Esther Busch mich durch die Räume ihres total lokalen Senders geführt. Anschließend war ich ein paar Etagen drüber Gast bei der taz. Sagte doch bei der Gelegenheit Klaus Wolsahner zu mir, ich hätte mich in der Vergangenheit immer so abträglich über die taz und ihr Wirken verbreitet. Wolschner war uns, einmal mehr andererseits, wenn es über die taz was zu reden gab, in den ,Journalen' eigentlich immer willkommen.

Schön und weit schaut man aus den neuen Redaktionsräumen der taz über Schlachte und Weser auf den von den Bremern so schmählich verachteten Teerhof hinüber. Bei mir liegt schräg gegenüber von meinem Büro bloß der Trakt, in dem, wegen Klaus Schlössers TV-Bericht über Radio 107.1, später auch noch der Intendant von Radio Bremen vernehmlich getobt haben soll. Hätte ich eigentlich hören müssen – war aber nicht.

Unsere kleine Stadt, schreiben die Mitarbeiter der taz, ihrem Viertel von gestern noch mehr als ein bißchen verpflichtet, immer so gern. Das ist, durch Goliaths Brille besehen, so possierlich wie falsch. Irgendwer hat in Bremens Medienlandschaft ein neues Bäumchen gepflanzt. Konkurrenz, so steht es im für uns maßgeblichen Branchengesetz, belebt das Geschäft. Manchmal, wenn David, der mit der Zwille, auf die Großen anlegt, weckt sie so auch den Killer-Instinkt. Sagen wir es, versöhnlich gestimmt, doch lieber so: Eine schöne Geschichte hat uns Rosi Roland erzählt.

Gerald Sammet, Redaktionsleiter ,Journale', Radio Bremen 2