Virtuelle Rettung naht

■ Seenotretter üben jetzt ihre Einsätze am Simulator

„Hier Stuttgart-Express in der Elbmündung, bei uns ist südlich der Tonne ein Mann über Bord“. Krr, Krr. „Hier MRCC Bremen, wir haben die Meldung erhalten und übernehmen die Koordination“. Krr, Krr. „Hier ist die Hermann Helms, wir sind auf dem Weg“.

Auf dem Computerbildschirm bewegt sich der Seenotrettungskreuzer als grüner Punkt auf den roten Punkt des Handelsschiffs zu. Aber kein Grund zur Sorge, das Unglück ist virtuell, simuliert in den Computern des neuen SAR-(Search and Rescue)-Schulungszentrums der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) an der Werderstraße.

Künftig werden die Lebensretter das Zusammenspiel der Rettungsflotte realitätsnah und kostengünstig im Warmen hinter den Bullaugen mit Blick auf die Weser üben. Damit sollen im Ernstfall wertvolle Minuten gewonnen werden.

Gestern setzte die erklärte Landratte Bundesverkehrsminister Matthias Wissmann (CDU) das von STN Atlas Elektronik entwickelte System mit dem Namen CAESAR (Co-ordinating and Organising Search and Rescue) mit einem Druck auf den Startknopf in Gang. Zu Caesar gehören neben der SAR-Schule auch drei moderne Arbeitskonsolen für die Seenotleitzentrale (MRCC) mit verbesserten Funk- und Telefonleitungen.

Im Untergeschoß des DGzRS-Erweiterungsbaus an der Werderstraße stehen fünf den Seenotkreuzern nachempfundene Fahrstände. Am Bildschirm sind elektronische Seekarten und Radarsignale zu sehen. Ein Joystick ersetzt das Ruder, daneben gibt es Fahrthebel für die zwei virtuellen Motoren. „Hier kann ich Leute von Bord direkt hinsetzen“, so ein Seenotretter.

Zwei Leitstellen-Arbeitsplätze simulieren die Bremer Zentrale. Von einer „Instructor“-Kabine aus werden die unterschiedlichen Einsatzsituationen in das Computersystem eingegeben. Dazu gibt es noch ein Sprachlabor, wo die Retter das von der Internationalen Schiffahrtsorganisation IMO vorgeschriebene „Seaspeak“ trainieren.

Noch sind die Experten von STN dabei, den künftigen Schulungsleitern das komplexe System zu erklären. Es kann noch ein halbes Jahr dauern, bis alle Möglichkeiten der Elektronik genutzt werden können. Die Fortbildung für Besatzungen der Seenotrettungskreuzer beginnen schon früher. Nächste Woche ist eine Gruppe von Maschinisten zur Schulung angekündigt.

STN sei bei dem Preis für das neue Simulationssystem den durch Spenden finanzierten Seenotrettern „großzügig entgegengekommen“, sagte der DGzRS-Vorsitzer Carl-Max Vater. Über die Investitionshöhe war Stillschweigen vereinbart worden.

Der Geschäftsbereich Simulationstechnik von STN hat nach Angaben des Unternehmens in acht Monaten das System nach den Bedürfnissen der Seenotretter aus vorhandenen Modulenzusammengesetzt. Dabei seien Erfahrungen eingeflossen, die im Bau von Schiffsführungssimulatoren und von Feuerwehrleitzentralen gesammelt worden seien. Der gestern in Betrieb genommene Caesar soll demnächst durch ein weiteres Computersystem namens Remus ergänzt werden, das heißt „Rechnergestütztes Maritimes Unfallmanagement System“ und ist vom Verkehrsministerium ebenfalls bei STN in Auftrag gegeben worden.

jof