■ Lebenshilfe im Abonnement
: Kriegsgeile Seniorinnen

Es kommt doch immer noch einen Zacken schärfer, als man es sich gerade noch vorzustellen vermag. „Mit alaafundhellau!“ begrüßt die jüngste Ausgabe der Emma schon im Editorial ihre Kundschaft und schwärmt vom organisierten Erbrechen, das sich Karnevalsumzug nennt: „Allen voran steigt Alice in den tollen Tagen über Tisch und Bänke, denn sie ist eine gebürtige Elberfelderin aus einer sehr rheinischen Familie und stolz darauf. In der Session '95 war Alice selbst Thema im Karnevalszug. Alice, als Pappmachée-Figur auf dem Wagen karikiert, durfte auch im Original mitfahren und schmiß drei Stunden lang begeistert Kamellen ...“

Olle werden es wohl gewesen sein, wie Frau Schwarzer sie auch im Heft parat hält. Da gibt es zum Beispiel das „Emma-Poster“, das einen – Donnerschlag! – unbekleideten jungen Mann (mit übrigens extrem krummem Schwanz) zeigt, der tatsächlich Sascha heißt und dazu passend aus Ost-Berlin stammt: „Unser Coverboy heißt Sascha Quednau, ist 24 Jahre alt und für den Emma-Titel extra aus Ostberlin angereist.“

Abgerundet wird der launig- spießige rheinische Sauerbraten durch den „Frauenwitz des Monats“, für den man kein Blitzmerker sein muß, besser schon ein Blitzmädel: „Was macht frau, wenn ein Mann im Zickzack durch ihren Garten läuft? – Weiterschießen.“ – Ja, ja, ja, da lacht die SA.

Die Leserinnen- und Leserpost wühlt und würgt im Psychosozialtherapeutischen: „Emma leistet bei uns regelrecht Beziehungsarbeit und ist eine richtige Lebenshilfe“, schreibt „Matthias Stein, 40 und Keramiker“, und auch „Anita Dresel, 26, Arzthelferin“, fühlt sich erleichtert: „Ich abonniere Emma, weil sie mich schon oft vorm Resignieren bewahrt hat.“

Fünf Seiten übers Stricken, Sticken und Weben mit dem Titel „Frickel frackel strickel strackel“ dürfen im Seniorinnenblatt Emma natürlich auch nicht fehlen. Herzstück des Heftes aber sind gleich dreißig Seiten darüber, warum die Bundeswehr noch viel schöner, friedliebender und humanistischer wird, wenn erst Frauen mitschießen, wenn also „das Berufsverbot für Frauen“ aufgehoben wird und endlich auch Soldatinnen Mörderinnen und Stinkstiefelinnen sein dürfen.

Den Kinderglauben beziehungsweise eher schon das sexistische Diktum, banale, gemeine, dumme oder widerliche Verrichtungen würden dadurch geadelt, daß sie von Frauen ausgeführt werden, ist der Emma garantiert nicht mehr zu rauben; es wäre aber wünschenswert, wenn die kriegsgeile Alice Schwarzer alle, ganz gleich, ob Frauen oder Männer, die gleich ihr so versessen auf das Umbringen und Umbringenlassen von Menschen sind und das, wie es sich gehört, als Beitrag zum Fortschritt der Menschheitsgeschichte ausgeben, möglichst rasch und möglichst vollständig in ein Krisengebiet führen wollte. So als großen, bunten Faschings- und Fascho-Umzug, lustig, lustig, bloß die Böller wären diesmal echt. Darum möchte ich, ganz konservativ pazifistisch, unkarnevalistisch und ernsthaft bitten. Wiglaf Droste

Emma, Nr. 1, Jan./Feb. 96, 114 Seiten, 11,80 DM, am Kiosk