Architektin will Kreuzbergs Baustadträtin werden

■ Die 39jährige Martina Herberg (Grüne) tritt überraschend gegen Erika Romberg an. Werner Orlowsky appelliert: Volksbildungsressort nicht der CDU überlassen

Martina Herberg heißt die Überraschungskandidatin bei den Kreuzberger Grünen. Die 39jährige Architektin bewirbt sich als Baustadträtin und tritt damit gegen ihre frühere Chefin, die amtierende Baustadträtin Erika Romberg, an. Herberg war von 1989 bis Ende 1994 Mitarbeiterin des Hochbauamtes. Verwaltungserfahrung hat sie, politisch ist sie jedoch ein Neuling. Auch in der grünen Bezirksgruppe, der sie seit 1987 angehört, ist sie kaum bekannt.

Herberg und Romberg stellten sich am Donnerstag abend gemeinsam mit den beiden grünen Kandidaten für das Bürgermeisteramt, Dirk Jordan (51) und Franz Schulz (47), der Öffentlichkeit vor. Wer von ihnen das Rennen machen wird, entscheidet sich am Dienstag auf einer Mitgliedervollversammlung der Grünen.

„Es wäre vielleicht nicht schlecht, neu anzufangen“, formulierte Herberg vorsichtig auf die Frage nach den Motiven ihrer Kandidatur. Es sei notwendig, ohne Vorurteile neu auf die SPD zuzugehen. Von Erika Romberg unterscheide sie sich eher im politischen Stil als in den Inhalten. Herberg, die auch Diplom-Psychologin ist, setzt auf Kooperation statt auf Konfrontation. Romberg hält an ihrer Kandidatur fest, obwohl die Kreuzberger Genossen nach wie vor keinerlei Bereitschaft erkennen lassen, ihre Wiederwahl zu ermöglichen. Bei der Kandidatenvorstellung äußerten zahlreiche Lehrer und Vertreter von Jugendprojekten Unverständis darüber, daß die Grünen in Kreuzberg das Ressort Volksbildung preisgeben wollen.

Die Kreuzberger Grünen streben das Bürgermeisteramt und das Bauressort an, das Ressort Volksbildung fiele damit an die CDU. „Es sei unverantwortlich“ und „eine Schande“, die Erfolge grüner Schulpolitik aufs Spiel zu setzen, hieß es. Die vorbildliche Integration behinderter Kinder und die zweisprachige Erziehung türkischer und deutscher Schüler müsse weiterhin abgesichert werden. Volksbildungsstadtrat Dirk Jordan, der in den letzten acht Jahren zahlreiche Reformprojekte angeschoben hat, würde im Falle seiner Wahl als Bürgermeister auch das Schulressort weiterführen. Deshalb sprachen sich einige unter Beifall für ihn aus.

Der grüne Bezirksverordnete Franz Schulz, der als Bürgermeister am liebsten das Bauressort übernähme, setzte sich mit dem Verweis auf „die Beschlußlage“ der Partei ziemlich in die Nesseln. „Die Grünen fordern immer Einmischung, und jetzt werde ich hier mit der Beschlußlage abgewimmelt“, ärgerte sich ein Lehrer.

An der Beschlußlage könnte sich aber noch etwas ändern. Einen Appell in diese Richtung hat zumindest der frühere Baustadtrat Werner Orlowsky an die Grünen gerichtet. Er plädiert dafür, daß ein grüner Bürgermeister die wesentlichen Teile des Bauressorts übernimmt, darunter das Stadtplanungsamt, das Bau- und Wohnungsamt sowie das Umweltamt. Als zweites Ressort könnten die Grünen dann das Volksbildungsressort beanspruchen. Diese Ressortverteilung bedeute keine Vorentscheidung, ob Jordan oder Schulz nominiert würden, betonte Orlowsky. Orlowsky traut Martina Herweg „so leid es mir tut, nicht zu, das schwierige Amt zu führen.“ Ihre Vorstellung habe weder Kompetenz noch Standvermögen erkennen lassen. Dorothee Winden