Der Glaspalast und das schwierige Umfeld

■ Am 29. Februar eröffnen die Galeries Lafayette. Doch die Friedrichstraße ist bis auf weiteres ein schwieriges Pflaster

Noch stehen die fahrbaren Regale und Leichtmetallständer, auf denen einmal die exlusiven Designerstücke der Collection Agnes B. Platz finden sollen, den Bauarbeitern im Weg. Doch bald herrscht Ordnung im Chaos. Nachdem die Eröffnung der Galeries Lafayette bereits zweimal verschoben worden war, öffnet das Modekaufhaus am 29. Februar in der Friedrichstraße seine Tore.

Bereits gestern stellte der Generaldirektor der Galeries Lafayette, Georges Meyer, das Konzept vor, mit dem der Berliner Modemarkt erobert werden soll. Man werde sich, sagte Georges Meyer, auf zwei Segmente konzentrieren: die Mode samt Accessoires und Schönheitspflege sowie die Gastronomie, einschließlich eines französischen Lebensmittelmarktes, der in Berlin einzigartig sei.

Das exklusive Angebot braucht freilich auch eine exklusive Kundschaft. Für den französischen Konzern ist der Standort Friedrichstraße allein noch kein Erfolgsgarant. Dafür sei das Umfeld noch zu schwierig, räumte Meyer ein. In der Tat werden die Galeries Lafayette die Pioniere der „neuen Friedrichstraße“ sein. Rings um das Quartier 207 macht sich noch immer gähnende Leere breit, und der ehrgeizige Anspruch einer schicken und extravaganten Modemeile findet bereits gegenüber den Galeries ein kontrastreiches Ende: Im Hofgartenprojekt des texanischen Projektentwicklers Hines wird der Modediscounter Hennes & Mauritz einziehen.

Entsprechend knapp wird im Pariser Stammsitz am Boulevard Haussmann kalkuliert. Die teure Collection Lacroix etwa sei auf dem Berliner Markt nicht zu plazieren, räumte Konzernchef Meyer ein, und ein Umsatzziel habe man sich für 1996 gar nicht erst gesetzt. Man hoffe aber, bis zum Jahr 2000 ein „akzeptables Rentabilitätsniveau“ erreicht zu haben. Bis dahin heißt die Devise abwarten und möglichst schnell auf den Berliner Markt reagieren. Immerhin ist den Franzosen der Schiffbruch des Kulturmultis Fnac am Ku'damm noch in schlechter Erinnerung. Nach Schnäppchen freilich wird man in den Galeries vergeblich suchen. Zwar versprach Georges Meyer, daß „für jeden Geldbeutel“ etwas zu haben sei, doch auch er macht keinen Hehl daraus, daß man vor allem auf den Regierungsumzug und eine „kaufkräftige Kundschaft“ wie in Düsseldorf, München oder Hamburg angewiesen sei.

Damit sich das unternehmerische Risiko in Grenzen hält, werde das Berliner Haus, so Meyer, ähnlich wie etwa die Filialen in Nizza oder Bordeaux als „Satellit“ des Pariser Konzerns mit seinen 80 Kaufhäusern und einem Jahresumsatz von 9 Millionen Mark gemanagt. Berlin sei von der französischen Hauptstadt schließlich nicht weiter entfernt als der Süden Frankreichs. Daß auch die Verkaufsfläche mit 8.000 Quadratmetern nicht größer ist als in der französischen Provinz, ist ebenso den Unbilden des hiesigen Marktes geschuldet wie der Entschluß, die Galeries-Räume von der Roland-Ernst-Gruppe lediglich zu mieten.

Die Überlegung des französischen Unternehmens, in die Friedrichstraße zu ziehen, stammt bereits aus Vorwendezeiten. Kurz nachdem Erich Honecker die Friedrichstraße zum „sozialistischen Prachtboulevard“ erheben wollte, hatten die Pariser Modehändler die Verhandlungen mit dem Ostberliner Magistrat und dem „Centrum Warenhaus“ aufgenommen. Doch bald schon stellte sich heraus, erinnerte sich gestern Galeries-Chef Meyer, daß ein solches Projekt in den DDR- Friedrichstadtpassagen nicht zu verwirklichen war.

Anstelle der als „aserbaidschanischer Bahnhof“ belächelten DDR-Passagen glänzt nun das „Quartier 207“ mit der Glasarchitektur von Jean Nouvel. Die Verkaufsfläche ist um einen gigantischen, 37 Meter hohen Lichtkegel angeordnet, der sich nach oben verjüngt. Im Erdgeschoß werden ab 29. Februar Parfüms und andere Accessoires zu finden sein, im ersten Obergeschoß Mode für die junge „femme tonic“ sowie Dessous, darüber gibt es das Sortiment für die „femme chic“ und im dritten Geschoß die Herrenmode. In den Untergeschossen befinden sich Restaurants sowie ein Lebensmittelmarkt für französische Spezialitäten.

Vom Erdgeschoß aus öffnet sich ein zweiter Glaskegel in die Untergeschosse. Daß der eigenwillige Trichter auch als riesiger Abfallkorb für Bananenschalen oder Kaugummipapierchen zwecktentfremdet werden kann, ist dem Deutschland-Chef der Galeries Lafayette, Georges Fabre, durchaus bewußt. „Wenn einer da was runterwerfen will“, gibt er sich allerdings stoisch gelassen, „kann man das genausowenig verhindern, wie wenn sich einer vor die U-Bahn wirft.“ Uwe Rada

siehe auch Bericht Seite 6