Gekonnte Zermürbung

■ Die PDS hat die Weichen für die Zukunft gestellt

Steter Tropfen höhlt den Stein – fast könnte man meinen, die Führungscrew der PDS habe sich diese alte Taktik der Graswurzelbewegung zum Vorbild genommen, um die innerparteilichen Gegner einer wie auch immer gearteten Regierungsbeteiligung der PDS weich zu klopfen. Auf dem Magdeburger Parteitag wurden die Weichen für die Zukunft der Partei des Demokratischen Sozialismus gestellt, ohne daß die Fundis eine Chance hatten, wirksam dagegen zu intervenieren. Bisky, Gysi, der Landeschef von Sachsen-Anhalt, Claus, und andere Mitglieder des Parteivorstandes wie Wolfgang Gehrke machten keinen Hehl daraus, daß sie den Platz der Partei bereits jetzt, zumindest im Osten, im Vorzimmer der Macht sehen, und trotzdem sind sie für ihre Kritiker kaum angreifbar.

Entscheidungen stehen ja nicht an, und sie würden, so Bisky, wenn es konkret wird, sowieso von dem jeweiligen Landesverband selbst entschieden. Aber man wird sich doch wohl über die Zukunft Gedanken machen dürfen ... Je öfter die Parteispitze, ganz unverbindlich versteht sich, über die kommende Verantwortung der PDS philosophiert, um so mehr gewöhnt sich das Fußvolk an die Vorstellung, daß Veränderung zwar mit Opposition beginnt, aber schließlich nicht dabei stehenbleiben darf. Was in den Kommunen bereits selbstverständlich ist und auf Landesebene in den verschiedensten Varianten heftig diskutiert wird, ist für Gregor Gysi, dem einsamen Star der Partei, selbst auf Bundesebene denkbar. An der PDS, so bleute er seinen Genossen und Genossinnen in Magdeburg die Maxime der Bundestagsgruppe noch einmal ein, an der PDS dürfe eine Ablösung der Kohl-Truppe jedenfalls nicht scheitern. Andernfalls könne man Millionen von Arbeitslosen, deren Hoffnungen auch auf der PDS ruhten, nicht mehr in die Augen schauen.

Da kann die Sprecherin der Kommunistischen Plattform, Sahra Wagenknecht, noch so sehr die drohende Sozialdemokratisierung der Partei beschwören – solange kein konkreter Sündenfall vorliegt, empört sich die Basis nicht. Bei den Marxisten um Uwe- Jens Heuer hat der stete Tropfen aus dem Hauptquartier bereits dazu geführt, daß sie sich mehr um das Wie als um das Ob einer Regierungsbeteiligung Gedanken machen. Und die jungen Genossen, das weiß man ja von den Jusos, brauchen nur ein bißchen älter zu werden, dann kommen sie schon von ganz allein. Die PDS, so scheint es, ist für alle Eventualitäten der kommenden zwei Jahre gerüstet. Jürgen Gottschlich