Gassi-Gehen ohne Reue

■ CDU hat Tauschringe auf dem Kieker

Die Welt ist schlecht. Jeder denkt nur an sich, keiner hilft mehr dem anderen. Und wenn doch, findet sich schon einer, dem auch das wieder nicht recht ist – wie der Hamburger CDU. Einigen Christdemokraten sind die bargeldlosen Tauschringe, die sich auch hier etabliert haben, ein Dorn im Auge.

Von Nachbarschaftshilfe könne keine Rede mehr sein, wenn inzwischen neben Gassigehen und Babysitting auch Handwerksleistungen wie Dachausbesserungen oder Fahrradreparaturen erbracht würden. „Das ist Schwarzarbeit“, wettert Jens Langsdorff von der Hamburgischen Mittelstandsvereinigung der CDU, „wehret den Anfängen“. Gemeinsam mit vier Kollegen hat der Bürgerschaftsabgeordnete nun eine Schriftliche Kleine Anfrage gestellt: So soll auch die Rolle der Stadt im vorgeblich unlauteren Treiben geklärt werden, ist diese doch über die Stadtentwicklungsgesellschaft (Steg) seit dem vergangenen Jahr an zwei Tauschbörsen beteiligt. Für Steg-Sprecher Rüdiger Dohrendorf beweist der Vorstoß, daß die CDU „keinen Durchblick“ und das Grundprinzip der Tauschringe „nicht verstanden“ habe: „Sie funktionieren ohne Geld.“ Deshalb könnten die von der Steg betreuten, lokalen Initiativen im Karolinenviertel und in Altona-Nord auch keine Konkurrenz für kleinere und mittlere Handwerksbetriebe sein, wie Langsdorff behauptet: „Die aktive Nachbarschaftshilfe steht im Vordergrund, nicht der Austausch von Dienstleistungen.“

Daran hat Langsdorff seine Zweifel. „Hier entsteht ein dritter Arbeitsmarkt, ohne daß Steuern gezahlt werden“, fürchtet der Tiefbauunternehmer um den Standort Deutschland, weil ein paar Kuchen gratis gebacken und im Gegenzug die Blumen gegossen werden, „das ist eine Schraube ohne Ende.“ Was der wildgewordene Mittelständler wohl zu bieten hätte, wenn ihm die einer wieder fest drehte? cleg