„Keine Entlastung“

■ Die Koalition schnürt den Kulturhaushalt: Die freie Theaterszene darf frohlocken, das Bremer Theater muß noch bangen, die Soziokultur zittert

Das Fell ist aufgeteilt: Die 9,5 Millionen Mark, die das Kulturressort in diesem und dem nächsten Jahr zusätzlich aus dem WAP-Fonds erhält, werden vor allem für die institutionelle Förderung und große Sanierungsvorhaben verwendet. Knapp 1,7 Millionen Mark bleiben für die Förderung einzelner Projekte – damit sollen erstmals auch Ausstellungen und Ankäufe der Museen bezahlt werden. Einer entsprechenden Vorlage des Ressorts stimmten am Wochenende auch die kulturpolitischen Sprecherinnen von CDU und SPD zu, wie gestern aus Koalitionskreisen verlautete. Durch den WAP-Bonus werde zugleich im eigentlichen Kulturhaushalt Luft geschaffen. Die freien Theater dürfen demnach mit einer Anhebung ihrer Subventionen rechnen. Im Ringen um den Etat des Bremer Theaters gab es hingegen nur eine Annäherung zwischen den Koalitionären, aber keine völlige Übereinstimmung.

Auf Einhaltung der vertraglich vereinbarte Summe von 41,7 Millionen Mark Theatersubventionen beharrt weiterhin die CDU. Gestern bekräftige die Fraktion noch einmal ihren einhelligen Beschluß, den 1993 geschlossenen Fünf-Jahres-Vertrag zwischen Stadt und Theater nicht zu verändern. Dies bestätigte die kulturpolitische Sprecherin der CDU, Elisabeth Motschmann, auf Anfrage. Die SPD hält den Theatervertrag hingegen für interpretierbar. Demnach soll dem Theater vorgeschlagen werden, die vereinbarte Erhöhung um drei Prozent (= 1,15 Millionen Mark für 1996) nur dann zu zahlen, wenn entsprechende Tarifanhebungen im Öffentlichen Dienst dies erforderlich machten. Bei einer „Nullrunde“ aber bekäme auch das Theater null Mark mehr.

Einigkeit hingegen bei den freien Bühnen. Der Publikumserfolg soll belohnt werden: Die Shakespeare Company und das Waldau-Theater sollen künftig mit 1,3 Millionen Mark pro Jahr unterstützt werden (bisher: 900.000 bzw. 1,15 Millionen); das Junge Theater bekommt mit 150.000 Mark erstmals einen festen Haushaltsposten. So wollen es die kulturpolitischen Expertinnen von SPD und CDU der Deputation bei den Haushaltsberatungen vorschlagen. Motschmann: „Ich gehe davon aus, daß das in der Deputation glatt durchgeht.“

Gleiches gilt auch für die Verteilung der 9,5 Millionen Mark, die die Kultur aus dem WAP bekommt. Das Kito, die Trompetenakademie, die Kammerphilharmonie und die Wagenfeld-Stiftung sollen danach weiterhin über das WAP mitfinanziert werden. Neu soll das Überseemuseum hinzukommen. 1,9 Millionen Mark – die Hälfte des Gesamtetats – sollen künftig aus dem WAP bezahlt werden. Bisher bezog das Museum sein Budget komplett aus dem Kulturhaushalt. Eine Umschichtung, die „ganz sicherlich problematisch ist“, wie Motschmann einräumt. Denn das WAP-Geld muß 1998 neu erstritten werden – fällt es niedriger aus, muß das Museum wieder komplett aus dem schmalen Kulturhaushalt bezahlt werden, was Kürzungen an anderer Stelle zur Folge hätte.

Außerdem im WAP: eine Million Mark für den Umbau der Glocke, 2,8 Millionen für den Erweiterungsbau des Deutschen Schifffahrtsmuseums. Das Musikfest soll weiterhin mit 800.000 Mark gestützt werden. Ein Fonds für Ausstellungen, Veranstaltungen und Projekte ist mit knapp 1,7 Millionen Mark angesetzt: „ein Einstieg“, sagt Motschmann.

Doch die Umschichtung von Großvorhaben ins WAP schafft nicht genügend Luft für alle. Die Grünen kritisierten gestern, daß selbst die aufgestockten WAP-Mittel „keine ausreichende Entlastung für den Haushalt“ brächten. Helga Trüpel, kulturpolitische Sprecherin der Partei, forderte gestern nochmals die Anhebung des Haushalts-Eckwerts für die Kultur.

Beim derzeitigen Stand muß wahrscheinlich die Breitenkultur mit Einbußen rechnen. Die LAG Soziokultur rechnet bereits mit einer Kürzung um 500.000 Mark pro Jahr für die Gesamtheit aller Kulturläden: „Diese Summe ist nur zu erbringen, wenn ganze Einrichtungen geschlossen werden.“ Wen es trifft, ist weiter unsicher: Motschmann erklärte lediglich, daß sich SPD und CDU bisher nur auf eine Gesamtsumme zur Förderung freier Einrichtungen und Projekte geeinigt hätten; diese falle aber niedriger aus als bisher. Morgen werden die Fraktionsvorstände von CDU und SPD über die Vorschläge für das WAP und den Kulturhaushalt beraten; die Deputation folgt am 7. Februar. tw