■ Die finnische Schnellrestaurant-Kette „Hesburger“ erobert die Magenschleimhäute der Hamburger
: Der Indianer bleibt im Küchenschrank

Salmiakkikossu heißt eine alkoholische Spezialität aus Finnland, die vermutlich irgendwie nach Pernod schmeckt. Genau weiß ich das nicht, denn von der Existenz des Getränks weiß ich auch nur dank eines Flyers, auf dem eine subkulturelle Spelunke unlängst eine Party zur Feier des finnischen Unabhängigkeitstages ankündigte. Ansätze einer Trinkkultur scheint es in dem Land also zu geben. Aber es gibt auch eine finnische Küche? Und: Schmeckt Rentierfleisch gut?

Eine Teilantwort auf diese Fragen hoffte ich in Hamburg zu finden, der außerfinnischen Hochburg der finnischen Schnellrestaurant-Kette Hesburger. 30 Filialen gibt es im Mutterland, und Ende des Jahres eröffneten auch die ersten zwei im Ausland – beide in Hamburg.

Eine davon befindet sich in der Innenstadt, nur einen Burger- Wurf entfernt von einem McDonald's-Imbiß, und weil an so einem exponierten Ort nicht das Geringste schiefgehen darf, hat Hesburger die Führungskräfte für den Laden lieber in Finnland rekrutiert. So auch Herrn Eklund, den das Unternehmen als „Assistant Manager“ engagierte. Herr Eklund ist nicht nur sofort zur Stelle, wenn die digitale Kasse mal nicht funktioniert, er greift auch schon mal nach einem prall gefüllten Müllsack, den er dann tatendrangvoll durch den Laden expediert.

Die Atmosphäre eines Hesburger-Restaurants läßt sich vergleichen mit der eines Hallenbades oder der eines Krankenhauses. Die Farben Hellblau, Türkis und Lila dominieren die Inneneinrichtung, und es ist so hell, daß man mit Hilfe der zahlreichen Spiegel gegebenenfalls seine durch Burger-Essen entstandenen Pickel analysieren kann. Sehr clever, dieses Design, denn nach einigen Blicken durch den Raum ist man bereit, jedes Essen zu akzeptieren, das einen ein bißchen ablenkt von seinen Augenschmerzen. Ich entscheide mich für einen Finnburger, weil ich darin Rentierfleisch vermute, und einen Countryburger, weil der zu den neuen Hesburger-Kreationen gehören soll. Laura, meine sechsjährige Co-Testerin, wählt erwarungsgemäß das Kindermenü. Das wird dargereicht in einem tütenförmigen Papphäuschen, dazu gibt es wahlweise einen Plastikindianer (mit Boot) oder einen Plastikcowboy (mit Pferd). „Welche Figur hättest du denn gern?“ fragt die Verkäuferin. „Mir egal“, sagt Laura. Hesburgers fortschrittliche Idee, Mädchen kein vermeintlich mädchentypisches Spielzeug anzubieten und damit Rollenklischees aufzubrechen – meine Co-Testerin weiß sie nicht zu würdigen.

Der Finnburger entpuppt sich als Mogelpackung, es ist nur ein Hamburger mit einem größeren Fleischpatty (deutsch-finnisches oder vielleicht auch nur hesburgerisches Wort für Frikadelle). Zur Frage nach der finnischen Küche vermag er nichts Aufklärendes beizutragen. Im Country-Burger ist ein offensichtlich fleischfreies, kartoffelähnliches Etwas von nicht sehr fester Konsistenz auszumachen. Immerhin: McDonald's hat den nicht. Zwischen den belegten Brötchen der Finnen und der zumindest außerhalb Finnlands berühmteren Konkurrenz gibt es einen wesentlichen Unterschied. Die Burger bei McDonald's schmecken pappig, die bei Hesburger matschig. Schuld daran ist die Mayonnaise, mit der sowohl der Finn- als auch der Country-Burger vollgeschmiert worden sind. Vielleicht sollte Hesburger den klassischen Werbespruch der Frühstückslokale ein bißchen abwandeln und die Kunden fortan locken mit dem Versprechen: „Mayonnaise bis zum Abwinken.“

Im ersten Moment – überdies Lauras Zwischenruf ignorierend, das Kindermenü bei McDonald's sei irgendwie besser – schien mir der matschige Burger die bessere Alternative zu sein. Doch da ahnte ich noch nicht, daß mein Verdauungstrakt 18 Stunden brauchen sollte, um sich von meinem Selbstversuch in Sachen finnischer Schnellküche zu erholen.

Im Laufe des Tages versuchte ich verzweifelt, die Nachwirkungen von Hesburgers Burgern zu neutralisieren: mit Baumkuchen, Möhren-Rettichsalat süßsauer, Pflaumenwein, Capuccino, Mandarinen und Mars. Und erst der Schokoriegel brachte mich auf den Weg der Besserung. Salmiakkikossu hatte ich nicht im Haus. Hätte womöglich schneller geholfen. René Martens