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■ Protestaktionen der äthiopischen Juden IsraelsIus sanguae

Mr. Huntington, übernehmen Sie! Auf den ersten Blick wirkt, was seit Sonntag in Israel geschieht, wie ein Schulbuchbeweis für die Richtigkeit der Thesen des amerikanischen Politikwissenschaftlers Samuel P. Huntington vom Clash of Civilisations.

Zehntausend äthiopische Juden – Teil der nicht-askenasischen Minderheitenkultur Israels – hatten sich im Regierungsviertel Tel Avivs heftige Auseinandersetzungen mit der Polizei geliefert. Der Anlaß war zunächst die Nachricht, daß die staatliche Blutbank heimlich Blutspenden von Äthiopiern vernichtet hatte, weil die Wahrscheinlichkeit von HIV-Infektionen bei diesen Spenden fünfzig Mal höher sei als in der übrigen Bevölkerung.

Wahrscheinlich hätte sich für dieses Problem auch ein rationellerer Umgang finden lassen – wäre nicht allen Seiten klar, daß man hier vermintes Gelände betritt. Schmutziges Blut, sexuelle Promiskuität, genetisches Schicksal – alle Reizthemen des Rassismus und gratis dazu noch eine Reminiszenz an nationalsozialistische „Blutschande“-Metaphern schießen aus der Versenkung hervor. Außerdem werden hier alte Wunden wieder aufgerissen: 1991 waren 15.000 äthiopische Juden in einer grandios gefeierten „Operation Moses“ an einem Wochenende nach Tel Aviv ausgeflogen worden. Bereits zuvor hatte es von israelischen Rabbinern Zweifel an ihrer jüdischen Identität gegeben.

Der Protest der „Beta-Israel“ hat ebenso wie die Ermordung Rabins gezeigt, daß das Konzept vom „jüdischen Staat“ als Kitt zwischen den verschiedenen Einwanderergruppen nicht ausreicht. Die Religion – das ist klar – hat den Äthiopiern auch nicht viel genützt: Zwar genossen sie die Protektion der meist von Ultraorthodoxen besetzten Einwanderungsministerien. Aber gegen ethnische Ressentiments – und das ist es ja wohl, was Huntington mit „Kultur“ meint – hat sie das nicht geschützt. Sie sind immer noch ganz am unteren Ende der sozialen Leiter; nur ein Paß trennt sie von den arabischen Bürgern Israels. Und das gilt nicht nur für die „Beta-Israel“, das gilt für alle Sepharden und anderen Juden aus dem maghrebinischen oder orientalischen Raum. Was kann sich Huntington in dieser Lage vorstellen? Den Clash vermeiden und die Äthiopier gar nicht erst zum Blutspenden zulassen? Nein: Am Konzept eines demokratischen jüdischen Staates festhalten und alle Spender testen – empfiehlt sich eh. Mariam Niroumand

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