Big Alex: „Ein treuer Diener“

Im Prozeß gegen den früheren Chefdevisenbeschaffer der DDR, Alexander Schalck-Golodkowski, fordern die Verteidiger Freispruch  ■ Aus Berlin Wolfgang Gast

Rund sechs Jahre ist es her, daß der Rechtsanwalt Peter Danckert die Vertretung von Alexander Schalck-Golodkowski übernommen hat. Damals, so erinnert sich der Jurist in seinem Plädoyer vor der fünften Strafkammer beim Berliner Landgericht, habe er seinem Mandanten, dem einstigen Chefdevisenbeschaffer der DDR, den schlichten Rat gegeben: „Vertrauen Sie sich dem Rechtsstaat an.“ Jetzt, am 20. Verhandlungstag gegen „Big Alex“, scheint es, als wolle Danckert den Tip von damals bereuen.

Achtzehn Monate Bewährungsstrafe hat der Ankläger für Schalck gefordert und eine Geldbuße von 100.000 Mark obendrein. Danckert zufolge geschieht das nur, weil die Staatsanwaltschaft um jeden Preis versuche, „den Ermittlungskomplex Schalck zu einem Ergebnis zu führen“. Oberstaatsanwalt Theodor Bosche will Schalck wegen Schmuggels von Waffen und Nachtsichtgeräten im Wert von knapp neun Millionen Mark verurteilt wissen. Danckert und KollegInnen fordern aber „Freispruch in vollem Umfang“.

Wer Danckerts Ausführungen folgen mag, der wird wohl bald einen politisch motivierten Justizirrtum verkünden müssen. Als Staatssekretär im Außenhandelsbereich sei Schalck verpflichtet gewesen, die Weisungen diverser Ministerien umzusetzen. Den Vorwurf Waffenschmuggel — es dreht sich um die Beschaffung von über hundert Revolvern, Pistolen und Jagdgewehren – nennt der Verteidiger „läppisch“. Als Auftraggeber sei Schalck nicht überführt. Und unterstellt, er sei es gewesen, „was wäre die Alternative gewesen?“

Ähnlich argumentieren auch die KollegInnen Danckerts. Alexander Ignor rügt das von der Anklage zugrunde gelegte „Militärregierungsgesetz Nr. 53“ als „Gesetzesleiche“, das spätestens mit der Deutschen Einheit seine Geltung verloren habe. Die Anklage habe sich auf ein sehr „dünnes und juristisch äußerst fragwürdiges Eis“ begeben, das eine Verurteilung nicht trage. Anwältin Anke Müller assistiert, die Lieferung der Nachtsichtgeräte sei längst verjährt.

Am meisten erregt den Anwalt Danckert die geforderte Geldstrafe. „Wie kommen Sie eigentlich auf diese Zahl?“ belfert er. Die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten seien nicht einmal erörtert worden. Das stimmt. Nur war es Schalck selbst, der keine Angaben machte. Das Urteil wir morgen verkündet.