Hamburg zum Abgewöhnen

■ Justizbehörde lädt Journaille ins Abschiebegefängnis Glasmoor ein. Wichtigere Besuche sind auf zwei Stunden monatlich beschränkt Von Stefanie Winter

Tische, Stühle, eine Wanduhr mit Sekundenzeiger. Und zweimal im Monat eine Stunde Besuch. Vom vergitterten Fenster des Besucherraums aus fällt der Blick auf Zäune, Stacheldraht in Natoqualität. Dahinter liegen vereiste Felder, noch weiter weg sind Bäume zu erkennen. Hinter diesem Waldsaum liegt die Stadt. Zu sehen ist davon nichts.

Glasmoor ist Hamburg zum Abgewöhnen. Neben dem „regulären Strafvollzug“ steht eine „Abschiebungshafteinrichtung“ in Containerbauweise. Wer hier hergebracht wird, ist in Hamburg nicht mehr geduldet. Und der Geduldsfaden der Ausländerbehörde reißt schnell. Wer unerlaubt eingereist ist, vergeblich Asyl beantragte, sich seiner Abschiebung entzieht oder entziehen könnte, kann von Rechts wegen in Haft genommen werden.

Die Justizbehörde leiste da Amtshilfe, erläuterte Strafvollzugsamtsleiter Diethmar Raben gestern der Hamburger Journaille. Die war von der Justizbehörde nach Glasmoor eingeladen worden, um sich „umzuschauen und zu informieren“. Regelmäßig wolle die Justizbehörde zukünftig solche Besichtigungsmöglichkeiten für die Presse anbieten, sagte Behördensprecherin Sabine Westphalen. Und räumte ein, daß das Tribunal gegen die Flüchtlingspolitik in Hamburg am Wochenende auch ein Kriterium für den jetzigen Zeitpunkt gewesen sei.

Denn die Abschiebehaftbedingungen werden ein Anklagepunkt dieser von Flüchtlingsinitiativen organisierten Gerichtsverhandlung sein. Anstaltsleiter Harold Buck, vom Tribunal unter anderem wegen Verletzung der Menschenwürde und der Duldung körperlicher Mißhandlungen von Gefangenen angeklagt, zeigt sich mit den Haftbedingungen in seinem Hause allerdings ganz zufrieden.

Bis zu sechs Männer warten in jeder Zelle zum Teil monatelang auf ihre Abschiebung. Sie teilen 27 Quadratmeter mit drei Etagenbetten, sechs Schränken und Stühlen, einem Tisch und einem Fernseher mit Satellitenanschluß. Nur für einige Stunden täglich werden die Zellentüren aufgeschlossen. Dann können die Gefangenen andere besuchen, Bücher ausleihen, telefonieren, manchmal Sprechstunden der Ausländerbehörde oder des Roten Kreuzes wahrnehmen. Den Termin ihrer Abschiebung erfahren sie, so Buck, mindestens einen Tag vorher.

Das Tribunal beginnt übermorgen um 17 Uhr in der Osterkirche Ottensen. Neben der Gerichtsverhandlung – symbolisch und dennoch nach allen Regeln der juristischen Kunst – stellen sich die Hamburger Flüchtlingsinitiativen vor.