Sich offen regen bringt – Segen?

■ Aids-Pastor Jarchow segnet ein schwules Paar, bringt die Bischöfe in Wallung und Schwung in die amtskirchliche Diskussion Von Miguel-Pascal Schaar

Sie habe „von dem Vorgang“ Kenntnis genommen, ließ Hamburgs Bischöfin Maria Jepsen gestern erklären, und nun wolle sie „das Gespräch suchen“. Eine Formulierung, mit der Kirchenhierarchen gewöhnlich ihr Mißfallen zum Ausdruck zu bringen belieben. Selbiges erregte der Hamburger Aids-Pastor Rainer Jarchow: Am vergangenen Sonntag segnete er in der St. Georgskirche ein schwules Paar in aller Öffentlichkeit, 300 Gemeindemitglieder waren Zeugen.

„Es ging nicht darum, einen demonstrativen Akt zu vollziehen“, erklärt der seit zwei Jahren mit der Aids-Seelsorge beauftragte Pfarrer. „Es war ein Akt der Seelsorge und für die Situation stimmig.“ Seine Vorgesetzten scheinen das anders zu sehen, und das hat Gründe: Die Sorge vor einer verstärkten Debatte über die offiziell verweigerte Partnerschaftssegnung von Schwulen und Lesben ist es, was sie umtreibt.

Ärger um Partnerschaftssegungen gab es schon früher. 1984 fand in der Altonaer Friedenskirche eine Trauung zweier Lesben statt, die statt Seelsorge Öffentlichkeit wollten. Bild war dabei und die „Lesbenhochzeit“ tagelang bundesweit Titelthema. Partnerschaftssegnungen, die danach in Hamburger Gemeinden stattfanden, hatten keinen „öffentlichen Charakter“ und wurden deshalb von der Amtskirche toleriert. Pastor Jarchow aber reichte es: „Ich bin nicht bereit, diese Winkelmessenpraxis fortzusetzen.“

„Es war nur ein Zuspruch für zwei Menschen auf dem Weg“, spielte Propst Karl-Günther Petters gestern gegenüber der taz den Konflikt herunter. Beim Segenszuspruch am Wochenende sei keine Lebensform legitimiert worden, meint der Vorsitzende des Hamburger Kirchenkreisverbandes (KKVHH): „Das ist rein seelsorgerlich zu sehen“, wehrt der Theologe ab. Öffentliche Diskussionen würden die kirchlichen Erörterungsprozeß erschweren. Ob er weitere Segnungen von homosexuellen Paaren tolerieren würde, ließ der Propst offen: „Das steht nicht zur Debatte!“

Eindeutiger ablehnend reagierten die drei nordelbischen Bischöfe Maria Jepsen, Hans Christian Knuth (Schleswig) und Karl-Ludwig Kohlwage (Lübeck) gestern abend. Über NEK-Pressesprecher Ocke H. Peters ließen sie erklären: „Das Bischofskollegium lehnt gottesdienstliche Handlungen für homosexuelle Paare, die auch nur entfernt an eine Trauung erinnern, nach wie vor ab.“