Es dämmert im Lichthaus

■ Der mühsame Weg zur „Kulturmeile“ an der Weser: Die Sanierung auf dem AG-Weser-Gelände ruht, Geld aus Brüssel soll jetzt weiterhelfen

Das alte Werftgelände der AG-Weser als lebendige Kulturmeile: Diese Wunschvorstellung Bremer Politiker und Kulturschaffender nimmt nur mühsam handfeste Formen an. Dreh- und Angelpunkt des Projekts soll das „Lichthaus“ sein, das ausgediente Arbeiteramt der „Akschen“. Aber gerade dort herrscht seit einem dreiviertel Jahr Stillstand bei der Sanierung. Viele leere Büros, wenige Mieter; vor allem fehlt die vielbeschworene Gaststätte – die erst könnte Leben in die Bude bringen, wissen die „Lichthaus“-Aktivisten. So bleiben auch die Kunstausstellungen, die einzige nennenswerte Regung im Haus, nach den rauschenden Eröffnungsfesten schwach besucht.

Rund 3,3 Millionen Mark wurden in das „Lichthaus“ investiert, seit Künstlerinnen und Künstler den maroden Prachtbau vor zwei Jahren einfach besetzten. Da erst wurde die „Bremische“, Trägerin der Sanierung in Gröpelingen, auf das verwaiste Hafengebiet am Rande des Stadtteils aufmerksam. Das „Lichthaus“, so befanden die Sanierer, paßt eigentlich bestens in die politische Utopie der „Stadt am Strom“: Das Haus könnte zentrales Glied einer Kette von Kultureinrichtungen werden, die den Stadtteil wieder mit dem Weserufer verbindet. Allein: Wer soll das zahlen? So steht das „Lichthaus“ nun halbsaniert in der Gegend, dieweil 200 Meter weiter der Schuppen am „Pier 2“ mit privatem Engagement binnen ein paar Monaten zum Konzerthaus umgebaut wurde – am nächsten Wochende (10. Februar) steigt die Eröffnungsparty.

Sponsorensuche auf der Baustelle

Auch im „Lichthaus“ ließ es sich zunächst gut an. Zügig kamen die neuen Fenster und die Grundüberholung der feuchten Wände. Besonders aufwendig: die Rekonstruktion des Glasdaches über dem großen Lichthof. Aber im letzten Frühjahr ging der Stadt schon wieder das Geld aus. Zwischenbilanz: Fast alle Räume haben Teppichboden, fast alle stehen aber leer. Die jüngste Kostenschätzung ergab, daß für die gesamte Umbaumaßnahme rund 9 Millionen Mark notwendig wären.

Und wo die herkommen sollen, darüber brütet der Bremer Senat derzeit angestrengt. 3 Millionen von der EU sind bereits zugesagt, aus dem „Urban“-Programm. Aber Brüssel gibt das Geld erst, wenn Bremen „Komplementärmittel“ draufschlägt – sprich: nochmal 3 Millionen. Bremen habe sich zwar gegenüber der EU verpflichtet, das Geld aufzutreiben, sagt Dieter Cordes, Prokurist der „Bremischen“. Aber jetzt muß ein Ressort ausgeguckt werden, das die Zeche auch zahlt – angesichts der Kürzungen in allen Ressorts dürften sich die Senatoren nicht gerade drängeln, die Bremer Pflicht zu erfüllen. Cordes hofft dennoch: „In wenigen Wochen kann es weitergehen.“ Dann soll auch die begehrte Gastronomie endlich eingebaut und ein Pächter gesucht werden – wenn der Senat sich denn durchringt.

Bis dahin müssen die wenigen Mieter mit Provisorien vorlieb nehmen. Die „Trompetenakademie“ unterhält ein Ein-Mann-Büro; Malerprofessor Thiele mietete zwei Räume als Atelier für seine Studenten an; die große Halle bespielt der „Lichthaus“-Verein mit experimenteller Kunst. „Schwer, Sponsoren zu finden für so eine Baustelle“, sagt Kurator Georg Uelzen über die akuten Schwierigkeiten. Die derzeitige Medienkunstschau „external affairs“ hat null Etat. Das Engagement der Lichthäusler und das Entgegenkommen der Künstlerinnen und Künstler machte die Ausstellung möglich.

So kollidiert der hohe Anspruch, einen Überblick über die heimische Medienkunstlandschaft zu geben, derzeit noch mit profanen Hindernissen wie offenen Stromkabeln, die neben den Bildern aus der Wand starren. Gleichviel: Wer sich auf diese Baustelle begibt, wird in jedem Fall überrascht.

Denn nicht die erwartete Ansammlung von Monitoren empfängt den Besucher, sondern: Tafelmalerei, Grafik, ein bißchen Plastik. Dies ist keine Leistungsschau, auf der die allerneuesten Computersimulationen vorgeführt werden. Sowas könnten die meisten Beteiligten zwar ohnedies nicht bezahlen. Aber sie setzen ohnedies auf eine kritische Reflexion der „neuen Medien“ durch die alten. Peter Weibel, Medien-Apologet der ersten Stunde, erklärte einmal: Die alten Medien besäßen nur noch „im Rückspiegel der neuen Medien“ Gültigkeit. Hier gilt nun der umgekehrte Fall.

Die Ästhetik der Maschinenwelt wird bei der Übertragung in die Malerei natürlich besonders deutlich. Die Unschärfen eines Nadeldruckers; die groben Diagonalen der Bildschirmgrafik: Auf Leinwand gebracht, ergibt sich eine reizvolle Spannung zwischen der Maschinensprache und dem freien Duktus des Pinsels.

Mal gelingt es sogar, den flachen Fernsehbildern eine ungeahnte Tiefe zu entlocken. Tine Herrmann schafft das Kunststück, indem sie den rasenden Bilderstrom einfach anhält. Auf ihren Videoprints erscheinen die Figuren der schönen neuen Fernsehwelt – üblicherweise auf der Mattscheibe höchst präsent – plötzlich als geisterhafte Schemen. Verwischte Konturen, durchscheinende Körper: Eine eigene Poesie der elektronischen Bilder wird hier formuliert – auf gutem, altem Papier. Thomas Wolff

„external affairs“, bis 10.2. im „Lichthaus“ (Use Akschen 4), Mo-Fr. 10-14 Uhr; Fr. bis 17 Uhr