Serienmörder legt Geständnis ab

Der alkoholabhängige Malerfachhelfer würgte, vergewaltigte oder ertränkte seine sechs Opfer aus Geldnot oder sexuellem Trieb. Geständnis deckt in einem Fall Justizirrtum auf  ■ Von Barbara Bollwahn

„Ich bin überrascht, daß wir gleich auf die Straftaten zu sprechen kommen.“ Das sagte der mutmaßliche Serienmörder Thomas R., als gestern der Prozeß gegen ihn wegen sechsfachen Mordes, sechs Vergewaltigungen und einem Raub mit Todesfolge eröffnet wurde. Leise, aber flüssig schilderte der fast zwei Meter große und 100 Kilo schwere Malerfachhelfer Details über die schrecklichen Taten, die er zwischen 1983 und bis zu seiner Verhaftung vor einem Jahr begangen haben soll.

Der 34jährige Angeklagte mit dem dunklen Schnauzbart bat um kurze Pausen zwischen den Schilderungen der einzelnen Anklagepunkte, damit er die Taten „nicht wie am Fließband runterrasseln“ müsse. Doch auch die zehnminütigen Unterbrechungen konnten den Taten ihren schrecklichen Charakter einer Chronologie nicht nehmen.

Der Angeklagte sprach äußerlich emotionslos über seine Taten, die er aus finanziellen Problemen oder aus „sexuellem Trieb“ heraus begangen habe. Sein erstes Opfer, seine damalige 77jährige Vermieterin, „eine sehr nette Frau“, habe er mit dem Vorsatz in ihrer Wohnung in Neukölln aufgesucht, „ihr auszurauben und ihr umzubringen“. Nachdem er sie so lange gewürgt habe, „bis sie tot war“, habe er sie entkleidet ins Bett gelegt, um ein Sexualdelikt vorzutäuschen, und etwa achzig Mark entwendet. Für diesen Mord war ein unschuldiger Mann zu acht Jahren Haft verurteilt worden. Derzeit ist noch unklar, ob dieser Prozeß neu aufgerollt wird.

In einer „finsteren Nacht“ etwa fünf Wochen später, als Thomas R. auf dem Nachhauseweg einer Studentin in Neukölln gefolgt sei, habe ein „sexueller Trieb“ zu seinem Vorsatz geführt, „die Frau zu nehmen“. Obwohl er sich an diesem Abend „ganz schön einen in die Mütze gekippt“ hatte, sei ihm die Tat „sehr gut in Erinnerung“: Er habe die 22jährige in den Würgegriff genommen, auf einen Spielplatz gezerrt, mit der Faust ins Gesicht geschlagen und entkleidet. Weil er den Geschlechtsverkehr mit ihr nicht vollziehen konnte, „weil sie zu eng war“, habe er sie gezwungen, sein Glied in die Hand zu nehmen. Nachdem er befriedigt gewesen sei, habe er sie erneut gewürgt. Um sicherzugehen, daß sie auch wirklich tot sei, habe er über ihrem Kopf und Schambereich Sandhaufen aufgetürmt. Daß er sie umbringen würde, sei ihm bereits vor der Tat „klar“ gewesen. Zu groß sei die Angst gewesen, daß sie ihn anzeigen könnte.

Diese Angst hätte er bei seinem nächsten Opfer, einer geistig verwirrten 85jährigen Frau, die er eine Woche später „spontan“ in Reinickendorf überfallen habe, nicht gehabt. Nachdem er sie geschlagen und ihr tausend Mark geraubt habe, habe er sie auf einem Fabrikgelände liegengelassen, wo sie an den Folgen der Verletzungen und Unterkühlung starb.

Etwa drei Wochen später, Heiligabend 1983, erzählte der Angeklagte nach erneuter zehnminütiger Unterbrechnung, habe er sich „regelrecht ein Opfer zum Vergewaltigen gesucht“. Er sei einer 62jährigen Spaziergängerin am Neuköllner Schiffahrtskanal gefolgt, habe sie vergewaltigt, gewürgt und, „um die Sache sicher zu machen“, ertränkt. Ob er in dieser Nacht, in der er zwei Stunden später versucht habe, eine weitere Frau zu vergewaltigen, Alkohol getrunken habe, wußte er gestern nicht mehr. „Manchmal war es aber so“, sagte er, „daß ich los ging wie eine Maschine, wenn ich Alkohol getrunken hatte.“

Weitere Opfer des wegen Raub und Vergewaltigung mehrfach vorbestraften Angeklagten, über den ein psychiatrisches Gutachten angefertigt wird, sind eine 23jährige Frau, die er laut Anklage vergewaltigte und beraubte, eine 58jährige Frau, die er ebenfalls vergewaltigte und ertränkte. Ebenfalls ertränkt wurde sein Stiefbruder. Im Februar letzten Jahres zündete der Angeklagte nach der Vergewaltigung einer 34jährigen Bekannten ihr Schlafzimmer an. Wenige Tage später wurde er verhaftet.