Der Kaduk

Der Schnaps, die Köchin, das Monster: eine erotische Geschichte  ■ Von Adam Globus

Die Köchin der Schule von Rudnia machte einen guten Selbstgebrannten. Sie wurde sogar einmal dafür bestraft, 400 Rubel immerhin. Und sie mußte all ihre Enten und Gänse verkaufen, um zu zahlen. Aber selbst nach solchen Problemen gab die Köchin nicht auf. Sie brannte sogar noch mehr als vorher, nur verkaufte sie es jetzt nur durch Leute, die sie kannte oder auf Vorbestellung. Man konnte also nicht einfach hingehen, ans Fenster klopfen und kriegte ein Schnäpschen serviert.

Damals waren im Nachbardorf Männer, die legten Entwässerungsrohre. Unsere Sümpfe sind weit wie das Meer, soweit das Auge reicht. Und es gibt schlimme Moraste und tiefe Löcher, „Teufelsaugen“ genannt.

Na, ihr wißt, wie so Entwässerungskerle sind! Für so eine Arbeit fragt keiner nach deinen Papieren. Wie dem auch sei, sie kamen mit der Köchin überein, daß sie ihnen nachts fünf Liter Selbstgebrannten bringen solle, eine Dreiliter- und eine Zweiliterflasche. 15 Rubel gaben sie ihr dafür. Daran sieht man, wie lange das schon her ist!

Eines Nachts also legt sie die beiden Flaschen in die Tasche, packte reichlich Zeitungen drumherum und macht sich auf zu ihren Kunden. Sie ging den Pfad am Fluß entlang, und als sie einmal stolperte, fluchte sie: „Soll der Kaduk dich holen!“ Dann ging sie weiter an der Wialla entlang, bis sie an die Brücke kam. Und da sah sie jemanden stehen. Sie mußte über die Brücke, um auf die andere Seite zu kommen.

„Vielleicht ist es ja einer von den Drainagemännern“, dachte sie, „der mich abholen kommt“, und setzte ihren Fuß auf den Balken. Aber da sah sie vor sich nicht einen Mann, auch kein Tier, sondern etwas Schreckliches, mit einem großen wilden Kopf, kleinen Schweinsaugen und einem breiten Hals. Und dieser Schreckliche hatte die gewöhnliche Kleidung eines Entwässerungsmannes an: billige Wattejacke, Ölzeugs und Gummistiefel mit umgekrempelten Schäften. Die Köchin wollte schnell vorbei, aber der Schreckliche verstellte ihr den Weg. Sie kriegte es mit der Angst, faßte sich aber, und sagte mutig: „Was machst du denn hier, Kerl, um diese Zeit?“

Und der Schreckliche öffnete seine Kiefer, die voller dünner Fischzähne waren, und knurrte. Der armen Frau lief es eiskalt über den Rücken, und ihre Stimme zitterte: „He, vielleicht willst du was von diesem Selbstgebrannten?“ Die Köchin setzte ihre Tasche auf der Brücke ab, zog die Zweiliterflasche heraus und gab sie dem Schrecklichen. Der entkorkte die Flasche mit den Zähnen, soff den Selbstgebrannten, schmiß die Flasche in den Fluß und leckte sich die Lippen, als wär's kein Gebrannter gewesen, sondern bloß schwaches Bier.

„Vielleicht kann ich jetzt gehen?“ fragte die Köchin und wandte sich zum Gehen. Sie hatte ihre Tasche genommen und ihm den Rücken zugedreht, als sie seine Tatze auf ihrer Schulter fühlte. Und die Krallen an dieser Tatze waren scharf und lang und glatt wie Eisen.

„Was denkst du, Kerl? Wir kennen uns nicht einmal!“ Sie drehte sich um und sah in sein weit aufgerissenes Maul. Aus dem kam statt einer Zunge eine stechende Flamme.

„Na, wenn du es so doll willst, dann man los! Aber laß mich selbst mich ausziehen, du zerreißt mir sonst noch die Bluse mit deinen Krallen.“ Sie machte sich fertig, und auch der Schreckliche machte sich fertig. Aber als die Köchin das Glied dieser Kreatur sah, fiel sie fast in Ohnmacht, weil sie meinte, daß sie so ein Riesending unmöglich in sich aufnehmen könnte. Ein Hengst war nichts dagegen. Aber ihre andere Furcht, daß der Schreckliche ihr das Leben nehmen könnte, trieb die erste aus. Die Köchin nahm das Glied in die Hand und führte es, so gut sie konnte. Und irgendwie schaffte sie es, und weil sie so eine große Angst hatte, fühlte sie keinen Schmerz.

Die Frau ertrug ihn über eine Stunde, dann ließen ihre Kräfte nach. Ihr Fleisch schien sich in Wasser aufzulösen, und ihr Bewußtsein umwölkte sich. Und eine tödliche Müdigkeit überkam die Frau, und das Untier öffnete sein Maul so weit, daß es die ganze arme Frau verschluckte.

Lange noch gab es Gerüchte in Rudnia. Manche beschuldigten die Drainagemänner. Es hieß, sie hätten die Köchin bestohlen, vergewaltigt und dann ermordet. Eine andere Version lautete, daß sie mit dem Angestellten durchgebrannt sei, der den Entwässerungsmännern den Lohn gebracht hat. Nur eine sehr alte Frau hat es so erzählt, wie ich es aufgeschrieben habe: „Der Kaduk hat das Flittchen geholt. Der würde sich gern alle holen, wenn er einfach so in die Welt kommen könnte, wie es ihm paßt. Aber der liebe Gott hat ihn so geschaffen, daß er nichts von alleine kann, sondern warten muß, daß man ihn ruft. Rufe keiner den Kaduk!“

Adam Globus, Schriftsteller und Künstler, bewegt sich in seiner Arbeit bewußt an den Grenzen zur Zensur. Seine Geschichtensammlung mit dem Titel „Damavikameron“ (Dämonicameron) kombiniert erotische Phantasien mit den unheimlichen Bildern der weißrussischen Folklore. Sie konnte in Weißrußland nicht erscheinen und wurde deshalb 1995 im polnischen Bialystok publiziert.