■ Mit Hoechst-Chemikalien auf du und du
: Mit Filter nix zu machen

Frankfurt (taz) – Chemiekonzerne kochen häufig mit Chemikalien, über deren genaue Wirkungsweise sie nichts wissen. Das deutsche Chemikaliengesetz ignoriert diesen für die Gefahrenabwehr bei Unfällen verheerenden Zustand. Über 4-Amino-Anti-Pyrin-Sulfonsäure, die Chemikalie, die Sonntag nacht in den Rhein geflossen war, konnte der Hoechst-Konzern deswegen zunächst gar nichts sagen.

Inzwischen ist klar, daß es sich bei der Substanz mit dem komplizierten Namen um einen wassergängigen Stoff handelt, der weder von einer Kläranlage aufgefangen noch von den Wasseraufbereitungsanlagen am Rhein wieder ausgefiltert werden kann. Engelbert Schramm vom Institut für Sozialökologische Forschung in Frankfurt sagte, schon deshalb dürfe Sulfonsäure eigentlich niemals in die Umwelt gelangen – „und schon gar nicht in einen Fluß, aus dem sieben Millionen Menschen ihr Trinkwasser beziehen“. Hoechst hat nach Schramms Informationen durch Umstellungen in der Produktion des Schmerzmittels Novalgin eine Veränderung der toxikologischen Daten der Vor- und Zwischenprodukte bewirkt, ohne sich über die Auswirkungen im klaren gewesen zu sein.

Mehr und mehr wird derweil auch über den am Samstag morgen aus den Anlagen der Hoechst-Tochter AgrEvo entwichenen Pestizidwirkstoff Isoproturon bekannt. Isoproturon ist nach Angaben des hessischen Gesundheitsministeriums ein „schwacher Methämoglobin- Bildner“, das heißt ein auf den Blutfarbstoff schwach toxisch wirkender Stoff. Im Tierversuch hat es bei Ratten Krebs verursacht und bei Mäusen das Erbgut geschädigt. Der Landesgewerbearzt läßt die direkt am Unfall beteiligten Arbeitnehmer untersuchen. kpk