Grüne schicken Stadträte in die Wüste

■ Die Kreuzberger Grünen nominieren Franz Schulz als Kandidaten für das Bürgermeisteramt. Stadtrat Dirk Jordan scheiterte an Zweidrittelhürde. Erika Romberg fiel als Baustadträtin bei der Wahl durch

Die Kreuzberger Grünen haben bei einer Mitgliedervollversammlung am Dienstag abend ihre beiden amtierenden Stadträte in die Wüste geschickt. Baustadträtin Erika Romberg wird nicht erneut für dieses Amt nominiert. Sie erzielte lediglich 26 von 71 abgegebenen Stimmen. Ihre Gegenkandidatin, die 39jährige Architektin Martina Herberg, erhielt nach einer schwachen Vorstellungsrede nur drei Stimmen. Trotz der deutlichen Ablehnung zog Romberg in einen zweiten Wahlgang, in dem sie 28 Ja-Stimmen und 44 Nein-Stimmen erhielt.

Das Ergebnis spiegelte vor allem die Einschätzung der Grünen wieder, daß eine Wiederwahl von Romberg am Widerstand der SPD scheitern werde. Allerdings wurde auch deutlich, wie umstritten die streitbare Baustadträtin in den eigenen Reihen ist. Romberg selbst reagierte sichtlich niedergeschlagen auf den Wahlausgang.

Volksbildungsstadtrat Dirk Jordan wurde bei der Wahl des Bürgermeisterkandidaten indirekt aus dem Rennen geworfen. Da er bereits zwei Legislaturperioden im Amt war, brauchte er eine Zweidrittelmehrheit, um erneut kandidieren zu können. Doch Jordan, der in den vergangenen sieben Jahren erfolgreich grüne Schulpolitik gemacht hat, erhielt nur 36 Ja- Stimmen. 36 stimmten gegen seine erneute Kandidatur.

In der folgenden Wahl setzte sich der Bezirksverordnete Franz Schulz mit einer deutlichen Mehrheit von 49 Stimmen gegen Elfriede Steffan (28 Stimmen) durch. Die 42jährige war von der Frauengruppe der Kreuzberger Grünen kurzfristig zur Kandidatur aufgefordert worden. Schulz will als Bürgermeister mit einer grünen Standortpolitik die hohe Arbeitslosigkeit im Bezirk bekämpfen. Mit der Ansiedlung von Öko-Betrieben könnten auch mehr Ausbildungsplätze für jugendliche Immigranten geschaffen werden. Außerdem dürfe die Projektelandschaft nicht dem Sparzwang zum Opfer fallen. Bei der Verkündung des Wahlergebnisses riß der 47jährige Physiker die Arme hoch und strahlte. Ein Parteikollege stemmte ihn unter Beifall hoch. Doch angesichts der problematischen Gesamtlage mochte eine rechte Jubelstimmung nicht aufkommen. Die Weigerung der SPD, Romberg mitzutragen, und die innerparteiliche Auseinandersetzung über die umstrittene Baustadträtin hat tiefe Gräben aufgerissen. Romberg-Unterstützer warfen der Verhandlungskommission vor, nicht hart genug verhandelt zu haben. Auch am Dienstag abend wurde Kritik an Rombergs Amtsführung laut. Jüngstes Beispiel sei die geplante Fällung völlig gesunder Bäume zwischen Wassertor- und Oranienplatz. Dies sei konzeptionslos, überflüssig und müsse verhindert werden, so der Bezirksverordnete Andreas Steinert. „Muß dieser Knieschuß jetzt sein?“ zischt eine Frau im Publikum.

Auf einer erneuten Mitgliedervollversammlung am 6. Februar soll darüber beraten werden, ob ein Teil des Bauressorts dem Bezirksbürgermeister zugeordnet wird und die Grünen weiterhin das Ressort Schule und Jugend behalten. Volksbildungsstadtrat Jordan erklärte gestern, er werde nach diesem Abstimmungsergebnis nicht mehr kandidieren. Als mögliche Kandidatin gilt die Fraktionsvorsitzende Christiane Zieger. Dorothee Winden