: BKA schmuggelt lieber im verborgenen
■ Das BKA transportiert 31 Tonnen Haschisch, die Bundesregierung schweigt dazu
Bonn (taz) – Deutsche Kriminalbeamte sollen tonnenweise Drogen verschoben haben. Diese Information machte den Bundestagsabgeordneten von Bündnis 90/ Die Grünen, Manfred Such, hellhörig. Dem Aufklärungswillen des Parlamentariers werden allerdings von den politisch Verantwortlichen enge Grenzen gesetzt: Die Bundesregierung verweigerte auf eine kleine Anfrage Suchs zum Transport von 31 Tonnen Haschisch in die Niederlande durch das Bundeskriminalamt (BKA) auf 40 Fragen eine Antwort.
Ende November hatte BKA- Vizepräsident Arno Falk im Innenausschuß über den Fall berichtet, den kurz zuvor holländische Zeitungen enthüllt hatten: Das BKA hatte 1992 per Schiff mit einer eigens angeheuerten Besatzung 31 Tonnen Cannabis aus Pakistan über Deutschland nach Holland geschafft. Nach offizieller Sprachregelung handelte es sich um eine „kontrollierte Durchfuhr“, bei der nicht das BKA, sondern Drogenhändler als Käufer auftraten.
Der Grünen-Abgeordnete Such wollte sich mit den mageren Auskünften im Innenausschuß nicht abspeisen lassen, zumal gegenwärtig auch der Plutonium-Untersuchungsausschuß der Frage nachgeht, ob deutsche Behörden Schmuggelgeschäfte selbst inszenieren. Die Neugierde des gelernten Kriminalbeamten war auch dem BKA-Vize aufgefallen. Es sei damit zu rechnen, daß Such weiterhin „Detailauskünfte verlangen wird“, schrieb Falk an das Innenministerium: „Deshalb erlaube ich mir die Bitte, die Linie, möglichst nur abstrakte Auskünfte zu erteilen, beizubehalten.“
Genau daran hielten sich die Ministerialen beim Umgang mit Suchs kleiner Anfrage: Bei insgesamt 26 Fragen, unter anderem nach Käufern der Drogen und Auftraggebern, nach Anzahl der an Bord des Schiffes eingesetzten Polizisten und V-Leute des BKA, verweigerten sie aus „kriminaltaktischen Gründen“ die Auskunft.
Auch die Frage nach der Bilanz ähnlicher Beteiligungen des BKA in den vergangenen zehn Jahren blieb unbeantwortet: Da keine Statistik geführt werde, sei die Zahl der Transporte rückwirkend „nur unter erheblichem und unverhältnismäßigem Aufwand zu erheben“.
Durch die Verweigerung von insgesamt 40 Antworten sieht Such nun „das parlamentarische Kontrollrecht ausgehebelt.“ Der ehemalige Kripobeamte bezweifelt, daß nur gesetzlich genehmigte „kontrollierte Lieferungen“ vorkommen, bei denen selbständig handelnde Kriminelle von der Polizei überwacht werden: „Hier drängt sich der Verdacht auf, daß die Polizei selbst zum Händler wird.“ Daß das Innenministerium der Bitte des BKA entsprach, erklärt sich Such mit nicht angebrachter Vertrauensseligkeit: „Die Bundesregierung hat eine zu hohe Meinung von den Fähigkeiten und der Gesetzestreue des BKA.“
Die Grünen wollen nun im Innenausschuß darauf drängen, daß die Auskünfte doch noch auf den Tisch gelegt werden. Schließlich hatte der Ausschußvorsitzende Wilfried Penner (SPD) in der Sitzung Ende November Such zugesagt, das Thema könne noch einmal behandelt werden, falls nach einer kleinen Anfrage noch Aufklärungsbedarf bestehe. In geheimer Sitzung könne das BKA auch prekäre Sachverhalte aufklären, sofern die Behörde nichts zu verbergen habe. Hans Monath
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