Fader Beigeschmack

■ Wer Schalck verurteilt, muß auch vom Westen reden

Ein Urteil gegen Alexander Schalck- Golodkowski ist nun gesprochen: Schuldig wegen Bruch von Embargobestimmungen. Aber der Fall Schalck und der des ihm unterstellten Wirtschaftsbereiches KoKo wird die Justiz noch über Jahre beschäftigen. Drei weitere Anklagen stehen aus: wegen Steuerhinterziehung, Veruntreuung staatlicher Gelder und wegen Verstoß gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz. Wie im jetzigen Verfahren wird der frühere SED-Goldfinger auch weiterhin beteuern, daß er seinem Land gedient und sein Amt nach bestem Wissen und Gewissen ausgeübt habe. Das wird wohl auch gestimmt haben, aber gerade da liegt das eigentliche Problem.

Nach bestem Wissen und Gewissen, das war nicht nur das Erwirtschaften von Devisen für eine wirtschaftlich marode DDR. Das war auch nicht nur die Versorgung der spießigen Prominentensiedlung Wandlitz mit (eher bescheidenen) westlichen Luxusgütern oder das Verschleudern von Kunstgegenständen in den Westen. Es bedeutete zum Beispiel auch die zeitgleiche Lieferung von mehreren hundert Tonnen Munition an beide Seiten im langjährigen Krieg zwischen Iran und Irak. Big Alex, wie er bei seinen Untergebenen hieß, war moralisch bereits diskreditiert, als in den letzten Tagen der DDR nach und nach die dubiosen Machenschaften seiner KoKo aufgedeckt wurden. Hätte die DDR weiterbestanden, hätte auch sie dem treuen Diener den Prozeß gemacht.

Wer über Schalck urteilen will, darf allerdings seine Freunde im Westen nicht vergessen. Allen voran den bayerischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß, um nur einen zu nennen. Strauß fädelte nicht nur 1984 mit Schalck den Milliardenkredit für die DDR ein. Über den Genossen Schalck betrieb der CSU-Fürst an der Bundesregierung vorbei über die Jahre seine eigene deutsch-deutsche Politik. Vergessen werden sollte auch nicht der Bundesnachrichtendienst. Der wußte lange Zeit vor der Wende von Schalcks Stasi-Anbindung, und die Embargobrüche der KoKo-Firmen fanden mit Wissen des BND statt – der aber schwieg, weil es ihm opportun erschien.

Wenn überhaupt, dann kann die Justiz Schalcks Rolle allenfalls zu einem Bruchteil aufarbeiten. Daß der Mann nun wegen vergleichbar geringfügiger Taten verurteilt wird, hinterläßt eh schon einen faden Beigeschmack. Wird aber die Verstrickung westlicher Politiker und Behörden ganz außen vor gelassen, dann verliert diese Form der Strafverfolgung jegliche Legitimation. Wolfgang Gast