„Es gibt keine Agenten für die Ökosteuer“

■ Reinhard Loske vom Wuppertal-Institut über die Ökoblindheit des Maßnahmenkatalogs

taz: Das Wort „Ökosteuern“ taucht in dem 50-Punkte-Programm der Bundesregierung an keiner einzigen Stelle auf.

Reinhard Loske: Dabei schreit die gegenwärtige Debatte geradezu nach der Ökosteuer. Die Lohnnebenkosten sollen gedrückt werden, und im Gegenzug sollen indirekte Steuern erhöht werden. Als Instrument denkt man dabei an die Mehrwertsteuer, anstatt die Ökosteuer anzuschieben.

Das zeigt doch, daß der zweite Teil der Ökosteuer nicht verstanden wird. Energie- und Naturverbrauch teurer machen, das hat man kapiert. Aber mit dem eingenommenen Geld Arbeit billiger zu machen und Jobs zu sichern – das ist noch nicht in den Köpfen drin.

Das Problem sind die unterschiedlichen Vorstellungen der Parteien zur Ökosteuer. Das schafft Verwirrung. Dazu kommt, daß es keine richtigen Agenten für die Ökosteuer gibt. Die Gewerkschaften reden viel und machen wenig. Und die Unternehmerverbände der Großindustrie wehren sich mit Händen und Füßen. Wenigstens haben sich mittelständische Unternehmensverbände für die Ökosteuer stark gemacht.

Man hat manchmal den Eindruck, als gäbe es eine Gespensterdebatte um die Ökosteuer. Wenn's ernst wird, ist sie – husch, husch – ganz schnell verschwunden.

Wir haben das Bekenntnis zur Ökosteuer inzwischen in allen Parteiprogrammen drin. Seit 1988 wird sie diskutiert. Im Moment fehlt einfach der politische Mut. Die Bundesregierung will ja nicht einmal eine Kommission einsetzen, die – wie in anderen Ländern – eine ökologische Steuerreform vorbereitet.

Wie beurteilen Sie die Haltung der Opposition? Lafontaine hat die Ökosteuer gestern im Bundestag wenigstens erwähnt. Da ist man ja schon glücklich.

In der SPD und in den SPD-regierten Bundesländern wird kein Druck für die Ökosteuer gemacht. Das muß man ganz klar sehen. Über den Bundesrat könnte die SPD viel bewegen. Ich vermute, dies liegt auch an der Zurückhaltung der Gewerkschaften.

Und die Grünen?

Ihre Programmatik stimmt im Grundsatz. Ihre Vorstellungen sind leider nicht aufkommensneutral. Deshalb gehen bei den Leuten schnell die Jalousien runter. Und sie schaffen es nicht, das Modernisierungsargument mit der Ökosteuer zu verknüpfen. Trotzdem: Die Diskussion um eine geringere steuerliche Belastung des Faktors Arbeit wird weitergetrieben werden, weil der Konkurrenzdruck zunimmt. Langfristig führt kein Weg an der ökologischen Steuerreform vorbei. Interview: Manfred Kriener