Eine supergroße Koalition soll Italien regieren

■ Der parteilose Antonio Maccanico wird neuer Premierminister. Keine Neuwahlen

Rom (taz) – Italiens Staatspräsident Oscar Luigi Scalfaro hat den früheren Minister für konstitutionelle Reformen, Antonio Maccanico, 71, überraschend mit der Bildung einer neuen Regierung beauftragt. Maccanico, der in den 80er Jahren auch Generalsekretär der Staatspräsidenten Pertini und Cossiga war, steht der Republikanischen Partei nahe, die vor allem die Interessen der Großindustrie vertritt.

Noch in den letzten Tagen hatte es so ausgesehen, als müßte der Staatspräsident das Parlament auflösen: Zu weit schienen die Vorstellungen des Mitte-Links-Blockes um die „Demokratische Partei der Linken“ (PDS) und der Rechtsallianz aus der Forza Italia und den ehemaligen Neofaschisten der Alleanza Nazionale auseinanderzuliegen. Die Bildung eines allseits geforderten „Bündnis für eine Verfassungsreform“ schien nicht mehr möglich.

Am Mittwoch abend rückte die Nationale Allianz jedoch von ihrer bisherigen rigiden Forderung nach einem reinen Präsidialsystem wie in den USA ab. Zugleich erklärte sich die Mitte-Links-Gruppierung zu Verhandlungen über die Direktwahl des Präsidenten oder des Regierungschefs bereit. Diskutiert wird nun ein System nach französischer Art, jedoch „mit einigen Abstrichen an der Machtfülle des Präsidenten“, wie PDS-Sprecher versicherten. Bisher wird der italienische Staatspräsident vom Parlament gewählt.

Maccanico soll nach der Vorstellung der großen Parteien anstelle der bisherigen Technokratenregierung von Lamberto Dini eine Administration „aus den besten Köpfen aller politischen Gruppierungen“ bilden, eine Art „supergroße Koalition“ also. Damit will man eine breite Basis für die Verfassungsreform schaffen. Vor allem aber soll Italien vor der peinlichen Situation eines Wahlkampfes während der EU-Präsidentschaft des Landes gerettet werden. Heftige Einwände gegen die neue Regierung kommen von den Neokommunisten wie auch von Teilen der äußersten Rechten, die noch immer auf sofortige Neuwahlen drängen.

Werner Raith Seite 2, Kommentar Seite 10