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NachgefragtVerbitterung bleibt

■ Interview mit Helmut Pflugradt (CDU)

14 Monate hat die Staatsanwaltschaft gegen den Bremer Bürgerschaftsabgeordneten Helmut Pflugradt (CDU) wegen sexueller Nötigung ermittelt. Der 22jährige Belgier André W. hatte ihm vorgeworfen, er habe ihn im November 1994 vergewaltigt. Jetzt ist das Verfahren „mangels hinreichenden Tatverdachts“ eingestellt worden.

Herr Pflugradt, das Ermittlungsverfahren gegen Sie ist eingestellt worden. Sind Sie erleichtert?

Ja, aber es bleibt auch Verbitterung zurück. Ich will jetzt nicht in eine Presseschelte einsteigen, aber einige Artikel in den Zeitungen haben mich sehr betroffen gemacht. Vor allem, weil ich zum Teil völlig falsch zitiert worden bin. Ich habe z.B. nie bestritten, daß ich den jungen Mann kennengelernt habe.

Sie haben lange Zeit geschwiegen. Warum?

Es ist schließlich nicht leicht, sich zu diesem Thema öffentlich zu äußern. Außerdem hat mir mein damaliger Anwalt dazu geraten.

Wegen der Bürgerschaftswahl im Mai?

Damit hatte das nichts zu tun. André W. hat sehr widersprüchliche Angaben gemacht. Wenn ich mich geäußert hätte, hätte er seine Aussagen womöglich angepaßt.

Ihren Posten als stellvertretender Fraktionschef haben Sie ruhen lassen. Sind Ihnen dadurch finanzielle Nachteile entstanden?

Also, mein Anwalt macht seine Arbeit ja nicht umsonst. Wenn ich bedenke, was durch dieses Verfahren für Kosten entstanden sind – natürlich habe ich Einbußen gehabt.

In der CDU-Fraktion hat es auch Stimmen gegeben, die sie aufgefordert haben, persönliche Konsequenzen zu ziehen, um Schaden von der Partei abzuwenden.

Das es Leute gibt, die das anders beurteilen, ist selbstverständlich. Das akzeptiere und respektiere ich. Trotzdem sind das gute Kollegen von mir. Und die große Mehrheit der Fraktion hat wirklich solidarisch zu mir gestanden – genauso wie auch Kollegen von allen anderen Fraktionen. Wenn ich diesen Zuspruch nicht gehabt hätte – ich weiß nicht, wie ich das hätte durchstehen sollen.

Wie sieht ihre politische Zukunft jetzt aus. Sie sind wieder stellvertretender CDU-Fraktionsvorsitzender. In Bremen Nord stehen die Wahlen des Kreisvorsitzenden an. Werden Sie wieder kandidieren?

Das will ich erstmal mit meinen Parteifreunden in Bremen-Nord besprechen.

Sie bleiben aber für die CDU in der Bürgerschaft?

Selbstverständlich. Das ist doch gar keine Frage.

Das sich mein Image durch die ganze Sache nicht verbessert hat, liegt auf der Hand. Trotzdem werde ich mich nicht unterkriegen lassen.

Haben Sie in den vergangenen Monaten je mit dem Gedanken gespielt, die Koffer zu packen und aus Bremen wegzugehen?

Nein. Ich bin hier zu Hause. Bremen war meine Stadt, ist meine Stadt und wird meine Stadt bleiben.

Fragen Kerstin Schneider

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