Außenminister Kinkel konnte nicht mehr, wie er eigentlich wollte

■ Botschafter in Haiti sollte trotz seiner sexistischen Äußerungen bleiben – wenn sie „intern“ geblieben wären

Berlin (taz) – So wie nun Günther Dahlhoff, Deutschlands Botschafter in Haiti, ist schon mancher Politiker über die Medien gestolpert. Daß erst die Presse zum Sturz des sexistischen Diplomaten beigetragen hat, bestätigte am vergangenen Mittwoch selbst Bundesaußenminister Klaus Kinkel (FDP) im Ausschuß für Wirtschaftliche Zusammenarbeit. Wären die Äußerungen des Botschafters „intern“ geblieben, dann hätte er Dahlhoff nicht abberufen, sondern sich mit einer disziplinarischen Maßnahme begnügt, soll Kinkel erklärt haben.

Diese „fragwürdige Haltung“ des Außenministers empört den PDS-Abgeordneten Winfried Wolf. Immerhin, so schreibt Wolf an Kinkel, zeuge sie davon, daß „höchst bedenkliche und inakzeptable Vorgänge“ in der Politik nur allzu gerne „unter den Tisch“ gekehrt würden.

Als Mitglied einer vierköpfigen Bundestagsdelegation hatte Wolf bei einem Besuch auf Haiti im November mit anhören müssen, wie sich Deutschlands Botschafter über die Regierung des Karibikstaates und deren Bevölkerungsprobleme äußerte. Seine Analyse gipfelte in dem Statement, daß „die haitianische Frau immer will, und der haitianische Mann immer kann“. Außerdem verglich er den Redestil von Präsident Jean-Bertrand Aristide mit dem von Joseph Goebbels. Wolf fiel in Bonn in Ungnade, da er sich im Fall Dahlhoff an die Presse wandte. Dieses Verhalten, so rügte der Außenminister schriftlich, „befremde“ ihn. Wolf hätte erst ihn als zuständigen Minister und nicht die Medien informieren müssen, zumal es sich „um Äußerungen aus vertraulichen Hintergrundsgesprächen“ gehandelt habe. Selbst der Ältestenrat des Bundestags mißbilligte am Donnerstag nahezu einhellig Wolfs Verhalten.

Doch damit nicht genug. Kinkel scheint den abtrünnigen PDS-Politiker weiterhin auf dem Kieker zu haben. Nach der Ausschußsitzung vom Mittwoch, so erklärten Teilnehmer, soll der Außenminister folgende Worte an den PDS-Mann gerichtet haben: „Ich werde Sie ab sofort genau beobachten, ob Ihnen in Ihrem Leben nicht das eine oder andere passiert.“ Nach Ansicht von Wolf ist das ein „gezielter Einschüchterungsversuch eines Regierungsmitglieds gegenüber einem Abgeordneten“. Er bat den Außenminister und ehemaligen Bundesnachrichtendienst-Chef Kinkel dazu um eine Stellungnahme. Schriftlich wird sie nicht erfolgen. Das machte Kinkel dem PDS-Mann gestern am Rande der Parlamentsdebatte klar. Zugleich beschwerte sich der Außenminister, Wolf habe den Botschafter fertiggemacht. Der sei Opfer einer Kampagne von Wolf geworden.

„Wenn Sie damit an die Presse gehen“, so soll Kinkel abschließend gedroht haben, dann werde er öffentlich zurückschlagen. Auf die Fortsetzung darf man gespannt sein. Karin Flothmann