Auf die Arbeitsplätze, fertig, los!

■ Chancengleichheit von Frauen durch gezielte Wirtschaftspolitik gefordert Von Iris Schneider

„Die Gleichstellungspolitik muß sich in die Wirtschafts- und Strukturpolitik einmischen, damit die Gleichstellung der Frauen voran kommt“, das war das einhellige Resümee der Tagung Arbeit teilen – schaffen – neugestalten; Struktur- und Arbeitsmarktpolitik für Frauen in der Region, die am Wochenende in der Hochschule für Wirtschaft und Politik (HWP) stattfand. Rund 300 Wissenschaftlerinnen und Berufspraktikerinnen nahmen an der Konferenz teil.

Auf den ersten Blick sieht die Lage der Frauen auf dem Hamburger Arbeitsmarkt recht positiv aus. Gut 70 Prozent der in den vergangenen 15 Jahren neu entstandenen Arbeitsplätze wurden mit Frauen besetzt. Das liegt im wesentlichen an der Ausweitung des Dienstleistungssektors, in dem viele Frauen beschäftigt sind. Auch qualitativ hat sich die Situation der Arbeitnehmerinnen verbessert: Sie konnten vor allem bei den qualifizierten Positionen, die einen Berufsabschluß oder eine akademische Ausbildung voraussetzen, aufholen.

Trotzdem bleiben die Veränderungen „weit hinter dem zurück, was angesichts der verbesserten Qualifikation von Frauen zu erwarten wäre“, bemängelte Ulla Knapp, Professorin für Wirtschaftswissenschaften an der HWP. Noch immer verdienen männliche Angestellte 50 Prozent mehr als ihre Kolleginnen.

Auch in leitenden Positionen sind Frauen nach wie vor unterrepräsentiert, und das Bewußtsein für dieses Ungleichgewicht ist bei den Hamburger Unternehmen schwach entwickelt: Von 3300 Mittel- und Großunternehmen der Hansestadt haben lediglich 19 Programme zur Verbesserung der Chancen von Frauen, wie eine Studie der Bundeswehrhochschule ergab.

Kritisch setzten sich die Fachfrauen mit dem Bündnis für Arbeit und dem 50-Punkte-Programm der Bundesregierung auseinander. Die Hamburger Professorin für Arbeits-recht Heide Pfarr stellte fest, daß Frauen in dem Regierungskonzept nur an zwei Punkten vorkommen: Zum einen als Arbeitnehmerinnen in hauswirtschaftlichen und pflegerischen Berufen und zum anderen als diejenigen, die das Programm durch längere Lebensarbeitszeit finanzieren dürfen. Sie sollen danach drastische Reduzierungen ihrer Rente hinnehmen, wenn sie wie bisher mit 60 Jahren aus dem Beruf ausscheiden.

In der Frage, welche konkreten Schritte unternommen werden können, um die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung – Männer leiten, Frauen arbeiten zu – zu verändern, wurden zwei Ansätze deutlich. Während Frauen wie Christiane Uschkereit vom Senatsamt für die Gleichstellung auf Bewußtseinswandel durch Überzeugungsarbeit setzen, hielten andere wie die Juristin Heide Pfarr diese „Politik der Seelenmassage“ für ungenügend. Sie plädieren dafür, die ökonomische Gleichstellung als Ziel der Wirtschaftspolitik festzuschreiben durch Maßnahmen wie: Erfolgskontrolle bei Strukturprogrammen im Hinblick auf neue Arbeitsplätze für Frauen; Vergabe öffentlicher Aufträge und Subventionen nur noch an Unternehmen, die sich vertraglich verpflichten, Frauen zu fördern; Quotierung von Ausbildungsplätzen. Juristisch sei das durchaus machbar, betonten die Referentinnen, politisch aber nicht gewollt. Hier helfe nur „Transzendental-Pragmatik“, stellte die Politologin Ingrid Kurz-Scherf fest: „Im Hier und Jetzt pragmatisch eingreifen und dabei den Dingen eine grundsätzlich andere Richtung geben.“