Drei große Geier kreisen schon

■ Der bevorstehende Teilverkauf der Hamburgischen Landesbank sorgt in Finanzkreisen für heftige Spekulationen

Hat der Senat sich in geheimer Sitzung am 17. Januar bereits auf den Verkauf von 49,9 Prozent seiner Anteile an der Hamburgischen Landesbank geeinigt? Noch weiß niemand nichts Genaues. In Wirtschaftsbriefen, Insiderinfos und Flurgesprächen der deutschen Finanzwelt ist der vom Hamburger Senat avisierte Landesbankteilverkauf dafür aber derzeit in den Charts der Gerüchte und Spekulationen ganz weit nach oben gestürmt. Als sicher gilt, daß sich Hamburg noch 1996 – nach taz-Informationen spätestens im Herbst – von erheblichen Teilen der Landesbank trennen wird.

Drei Geier kreisen mittlerweile über der fetten hanseatischen Beute: Die übermächtige Westdeutsche Landesbank (West LB), der neben Nordrhein-Westfalen auch Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg „gehören“, die Nord LB mit Niedersachsen, Bremen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern sowie als frecher Außenseiter die Bayerische Landesbank.

Während Nord-LB-Chef Manfred Bodin bereits ein schriftliches Angebot unterbreitet hat und in der Öffentlichkeit von den Vorzügen einer Nordachse gegenüber der West LB schwärmt, werkelt West-LB-Chef Friedel Neuber im Stillen: Die Gründung einer gemeinsamen Software-Tochter, die das von den Hamburgern selbst entwickelte, in Branchenkreisen hochgerühmte Wertpapier-System vermarkten soll, gilt manchem Insider bereits als eine Vorwegnahme einer grundsätzlichen Liaison West LB/HH LB.

Andere halten dagegen, hier sei lediglich das kluge, der West LB tief feindlich gesonnene Hamburger Management vorbeugend aktiv gewesen: Durch die Vermarktung der Edel-Software habe die HH LB einerseits ihren Wert gesteigert, andererseits aber auch ihre Fähigkeit zur Unabhängigkeit bewiesen und schließlich sogar West-LB für etwas aktiviert, das Nordrhein-Westfalen im Falle eines Einstiegs bei der HH LB billiger oder umsonst bekommen hätte. Hier kommen die Bayern ins Spiel – sie gelten den Hamburgern unter den Geiern als der freundlichste. Die Verbandelung von bayerischer Flächenkollegin und hanseatischer Stadtbank könnte den Norddeutschen ihre Unabhängigkeit lassen, ihr Gewicht gegenüber Nord LB und West LB allerdings durchaus stärken.

In Sachen Synergieeffekte, Nordtouch und Marketing am naheliegendsten wäre dagegen der Einstieg der Nord LB. Hier gibt es allerdings nicht nur im Hamburger Landesmanagement heftige Berührungsprobleme: Einer Bank aus den Tiefen der europäischen Provinz, dem agrarischen Niedersachsen, einen Thronsessel am Hamburger Bankenhimmel zu verschaffen, gilt von Elbchaussee bis Voscherau als Igitt. Nord-LB-Häuptling Bodin läßt sich davon nicht einschüchtern. Er zählt auf die Hamburger Haushaltsnot und die Durchsetzungskraft betriebswirtschaftlich-kaufmännischer Argumente.

Als letzter Ausweg gegen die Geier bleibt den hanseatischen Landesbankern eine bankenfreie Teilprivatisierung – der Gang an die Börse: Die Landesbank könnte mittelfristig ihr mageres Eigenkapital aufstocken und, vor allem, vom Hamburger Senat weit unabhängiger werden. Vorbild ist die Hamburger Sparkasse, die – obwohl städtisch – durch ein autonomes Kuratorium gesteuert wird und praktisch sich selbst gehört. Das Ergebnis: Über eine Haspa-Privatisierung redet niemand.

Statt dessen kann der auf Hintergrundinformationen spezialisierte Platow-Brief dieser Tage fröhlich melden: „Über den tatsächlichen Weg zu einer neuen Eigentümerstruktur in Hamburg wird zwischen Senat und der Führung der Hamburgischen Landesbank zur Zeit so heftig gestritten, daß die Fetzen fliegen. Es geht um Grundsatzfragen, Macht, Einfluß – und viel Geld.“ Florian Marten